Montag, 30. Juni 1924

30/6 B.-B. O. holt mich ab; wir gehn zum Steueramt; dann ins Bankhaus Herrmann. Herr Harris. Berathung. Ihre Schulden sind beträchtlicher als ich gedacht.― Auf dem Rückweg ist sie von factiöser Schweigsamkeit ― wie in den schönsten Ehejahren;― fast ebenso während des Mittagmahls im Gunzenbachhof mit Lili.― Sie schickt Lili voraus, wir sitzen auf einer Bank;― sie spricht von meinen gestrigen Beschimpfungen;― sie habe sich hier ein neues Leben aufgebaut;― lobt ihren Kreis, in dem sie verehrt werde;― sie lasse sich nicht erniedrigen u. s. w.;― ich erkläre in möglichster Ruhe die Gründe meiner dauernden und immer wieder neu entfachten Erbitterung. Nun kommt das Problem Lili dazu;― wie für alles, was ihr nicht recht, möchte sie auch für Charakterfehler Lilis mich verantwortlich machen;― es wird natürlich auch schon geschürt;― so konnte sich R. Specht der neulich hier war (und beleidigt, dass ich nicht seine mir unsympathische Frau mit zur Vorlesung des Verf. geladen) nicht versagen zu bemerken, dass ich Lili „verwöhne“ … Es kommt zu weitern Auseinandersetzungen;― sie spricht von ihrem Hochmut wie von einer Tugend (wie von allen ihren Fehlern);― manchmal versteht man sich beinah;― ihre (nur aus Eitelkeit geborene) Eifersucht kommt wieder zum Vorschein;― ich sage ihr, was leider wahr, dass ich mich in meinem Hass, meinem Groll, meinem Zorn gegen sie heimatlicher fühle als in positivern Gefühlen gegenüber andern.―

Am „Verf.“ scheint sie wenig Gefallen zu finden;― sie sagt sehr richtiges über Falk. und Aurelie.―

Im Hotel arbeitsunfähig auf dem Divan.

Oben genachtm.; auch Frau Grethe L. war dabei.