Mittwoch, 2. Jänner 1924

2/1 Früh Dr. Horch von Geyer (Kammerspiele), der Eins. Weg (mit Bassermann, Steinrück, Grüning etc.) spielen möchte ― kaum;― wegen Burgth.―

Boden Cr.; Dir. Horecki

Buchhdlg. Heller; Goethe für H. K.― Gespräch mit der klugen (dort beschäftigten) Frau Dr. Rundt, über franz. Literatur ― sowie über Karen Stampe; auch Luigi Kasimir, bei dem Karen St. kleine Tochter wohnt, sprach mit.―

Bei Else Keller, im Trauerhaus; meine „jüngste“ Tante Pauline starb vor zwei Tagen. Welch ein Schicksal über dieser Familie. Else erzählt von ihren Schwestern ― Melanie, der ältesten mit der „Kochlöffelhysterie“.― Als Else am Sterbetag ihr telefonirt, es ginge zu Ende ― es war 11;― telef. sie zurück, ob sie nicht (wegen des Mittagessens) erst um 2 kommen könne ― und kommt thatsächlich erst um 2,― bleibt bis 5,― der Tod tritt 7 Uhr ein.― Anna hat sich vor ein paar Monaten umgebracht (es gelang den Tod vor Pauline zu verheimlichen).―

Zu Hause find ich Lili ― mit kurzen Haaren. Während Wucki bei Amalio im Laden, nähert sich ein Mensch mit grüner Brille Lili, die vor der Auslage steht. „Einen schönen Zopf haben S’, Fräulein“; Lili begibt sich sofort ins Geschäft;― während Wucki und Lili noch drin,― wird ein Zopf von dem Ladenmädl abgegeben, der draußen liegt ― noch hat Lili keine Ahnung, dass es ihr eigner;― sie geht mit Wucki zum Optiker ― und merkt jetzt erst daß die Haare abgeschnitten. Zu Amalio zurück: eben hat eine Frau den Zopf als „verloren“ abgeholt ― ― Glücklicherweise war Wucki mit ― und überdies thörichter Weise wüthend auf Lili;― sonst wär ich mißtrauisch gewesen, da es Lili’s Wunsch war, kurze Haare zu tragen.

Nm. am Verf.―

Abends C. P. bei mir.―

Träumte verflossne Nacht von einem zum Gersthofer Gürtel versetzten Kino, das aber nur als unvollendeter Circus dastand. (Häufiger Traum von dieser Gegend, die im Traum aber immer verändert aussieht.)