Freitag, 27. Jänner 1922

27/1 Vm. dictirt (Verführer,― zum Reigenprozess aphoristisches).

― Nm. kam O.;― Lili liegt mit Schnupfen zu Bett ― zu mir ins Zimmer ― mir um den Hals, zärtlich, Thränen ― „so zu Hause ―“ ich bin nicht so bewegt wie ich dachte, freundlich, kühl und ihre Zärtlichkeiten abwehrend.― Sie sitzt an Lilis Bett, kommt noch öfters zu mir herein; kramt in ihren Sachen, sucht allerlei zum Mitnehmen aus, um ihr Salzburger Zimmer behaglicher zu machen; inspicirt das Haus;― „glaubst du ― ich fahre gern wieder weg?“ ― Ein Wort, und sie wäre geblieben. Aber der Widerstand in mir ist so stark wie nur je;― der „objective“ fast stärker als der persönliche. Also dazu wär dann alles gewesen? Ich sagte ihr neulich: Zertrümmert ist leicht was;― wieder aufbauen ist schwerer.― Nein, es ist jetzt unmöglich ― und besser, es wird ganz „zu spät“ ― als daß ich contre coeur und zu früh mich zu etwas falschem entschließe.―

Z. N. wieder bei Alma;― d. h. ich nachtm. mit O. allein, dann sitzen wir an Almas Bett;― heut erzählte sie von Mahlers Krankheit und Karpaths falschem Artikel … Das Gespräch geht immer besser wenn andre dabei sind ― zu zweit fühl ich mich nie à mon aise.

Gegen Abend Dr. Wengraf; Rikola, wegen ev. Luxusausgaben.―

1922-01-27