Mittwoch, 10. Mai 1916

10/5 Zu O. einen langen Vortrag über meine Unzulänglichkeiten; auch über mein Ohrenleiden als Symbol.―

Dictirt Novelle u. a.―

Las Nm. Tgb. 86 ― Zeit O. W. ― ein Menschenalter ―? Und war doch gestern, als ich im Hof sass, mit ihr Schach spielte und unsre Finger sich berührten ― ―

An der Nov. weiter, am Nachklang.―

Mit Heini spazieren Türkenschanzpark;― über Geschichte, er interessirt sich besonders fürs 19. Jahrhundert.―

― Der Lili eine meiner end- (und talent-)losen Geschichten zu Ende erzählt, von Ritter Max und Friedrich.―

O. bettlägerig; hatte Brahms Briefe, meine an ihn gelesen und nun viele von mir an sie, besonders aus Italien 1901, sehr bewegt, las mir einiges vor. Sprachen eindringliches über unsre Beziehungen. Das unzerstörbare. War ― fast ― ein Wiederfinden gegenseitig. Sehr wahr, der große Gegensatz: mein Bild bleibt immer rein für sie;― sie hat immer das Gefühl, das Bewußtsein des unveränderlichen;― für mich, in den schlimmen Stunden, verzerrt sich ihr Bild,― ich verwerfe sie als ganzes, will fort von ihr ― sie aus meiner Seele jagen. Über meine „Rachsucht“;― auch wenn ich im Unrecht bin.

Begann noch Münzers Roman „Menschen von gestern“ ― Hebbel, Briefe 2. Bd. aus.―

1916-05-10