Donnerstag, 30. Mai 1912

30/5 Vm. allerlei an „Bernhardi“ dictirt.―

Nm. 5 kamen Arthur Kaufmann, Richard, Leo, Salten, Gustav. Ich las ihnen und Olga den Bernhardi vor, von ½6 bis nach 9 mit kleinen Pausen. Die Wirkung besonders stark, von Akt zu Akt steigend. Ebenso von Akt zu Akt steigend die Censur- und praktischen Bedenken. Salten übertraf sich selbst: wenn er auch das Stück als eine der stärksten Leistungen anerkannte, … fand er … ein Jud sollte das doch nicht schreiben; war ein Gemisch von Flint und Goldenthal, warnte mich vor Herausgabe, niemand werde für mich eintreten (leider fiel mir die Antwort zu spät ein … Sie doch?! Sie der die Wahrheit dieses Stücks fühlt und der …). Die andern wurden dadurch auch ängstlicher gemacht (für mich) als ihre Art. Gustav fand das Stück besser als alles was ich geschrieben; alle Gestalten von höchster Lebendigkeit. Künstlerische Einwendungen gab es nur gegen den Schluß der Pfarrer ― Bernhardi Scenen im 4. Akt.― Was in Salten vorging, konnt ich ihm am Gesicht ablesen; zuerst bei der Stelle Bernhardi zu Flint: … „Was zwischen uns liegt ―? Die Freundschaft einer Jugend ― und was dann daraus wurde.“ ― Ferner wirft ihm das Stück alle seine bisherigen Feuilletons über den Haufen ― Und als lustige Pointe sehe ich voraus, wenn das Stück nicht erscheint: daß er ― etwa ― nach dem Verführer schreiben wird … „Wieder ist es die Liebe … die kleine Welt der Lebemänner … etc.“ Kurz das Stück fing an … kaum daß ich es vorgelesen hatte.―