Dienstag, 31. März 1885

31/3 Dinstag Mg.― Von den andern Bällen, wie überhaupt dem ganzen Fasching keine wie immer gearteten bedeutenden Eindrücke, obwohl des öftern sehr gut amüsirt.―

Ich habe im Jänner das Rigorosum aus Geburtshilfe (Auszeichnung) und Ende vor. M. Augenheilkunde, erstres bei Späth, letztres bei Stellwag gemacht; will Ende April Chirurgie und Mitte Mai mein letztes machen. Die Chirurgie besonders mir in der Seele zuwider. Abends besonders studier ich sie mit großer Schwierigkeit ― weil sie mich zu später Stunde rein menschlich genommen total nervös macht.―

Charlotte ist aus Venedig zurück „frisch und fröhlich“, schreibt sie an meine Schwester. Mein Bruder weilt jetzt dort ― oder vielleicht jetzt in Padua, Verona ―; er begleitet meinen Großvater auf einer vierzehntägigen Tour.

Aber auch nicht eine Spur von Anregung! Wenn alles gut geht ― bin ich vielleicht in sechs, acht Wochen Doktor ― und dann…

Vor mehreren Wochen hat sich ein Bruder Ida K.s, der Freundin Fännchens ( ― hélas!―) Josef erschossen ― ein siebzehnj. Gymnasiast ― Merkwürdiges Schicksalzusammentreffen ―

Richard H.s Liebestraum ist zu Ende geträumt ― er musste seinen Eltern ein hierauf bezügliches Ehrenwort geben und ich bin recht befriedigt drüber. Laura ist ― ich trete damit ihrem Charakter nicht im entferntesten nahe ― kein Mädchen, das man heiratet, wenn man vernünftig ist, und Richard nicht der Mann, um ein Mädchen zu freien, das schon heute die Anlagen zur femme de 30 ans von Balzac in sich hat. Und dann wars ja auch Strohfeuer! Seine Liebe war geschmeichelte Eitelkeit; die ihre ein Gemisch von Sinnlichkeit, Hochachtung und Narrethei.

Mein Onkel Felix hat am 1. d. in Paris Julie J., unsre Verwandte, geheiratet und war eine Zeit lang auf der Hochzeitreise auch in Wien.― Sie ist ein recht nettes Weibchen.― Er hat merkwürdig schnell Carrière gemacht!―

Psychologisch interessant ist doch gewiss das folgende. Ein junger liebenswürdiger Mann meiner besten Bekanntschaft, sehr begütert und von Natur sehr glücklich veranlagt, stammt väterlicherseits von Juden. Nun ist er aber enragirter Antisemit geworden und hat die feste Absicht nicht zu heiraten ― um nicht selbst noch das jüdische Blut fortzupflanzen, welches er so heftig anschuldigt, und dem er eine Fülle Anklagen der unberechtigtsten Art aufzubringen weiss.―

April

Mai