Freitag, 8. Juni 1928

8/6 R. L. Behandlung.―

Ins Ministerium. Sitzung bei Bundeskanzler Seipel wegen Schmutz und Schund Gesetz. Etwa 20 Leute (Schriftsteller) aller Parteien. S. ist derselbe, der vor 7 Jahren,― noch ein kleiner Politiker gegen Reigen hetzte. Indess hatte Julius ihn nach seiner Verwundung behandelt. Auf seinen wiederholten Wunsch, von E. Lothar überbracht wohnte ich heute einer Sitzung bei. Nach Lothar sprach ich ― las meine Antworten über das gleiche Thema 1905 vor,― und fügte allerlei hinzu. S. polemisirte einigermaßen; und fand, „in dieser Hinsicht“ (dass ich die Frage vor allem von Standpunkt phys. Gesundheit auffasse) lägen „Welten“ zwischen uns. Richard, Bittner, Kralik, Strobl, Sonnenschein, Minister Schmitz sprachen überdies. S. will offenbar den Autoren sehr entgegenkommen. Die Sitzung fand im Saal des Wiener Congresses statt.― Nach Schluss sprach S. von meinem Bruder, den er einen „wunderbaren Menschen“ nannte. Ich sprach die Hoffnung aus, dass es doch nicht „Welten“ seien zwischen uns.― (Politiker oder Staatsmann ― ? diese Frage warf Auernheimer wieder auf, mit dem ich wegging.―) Ich war angeregt und bedauerte nicht mehr Zeit gehabt zu haben S. zu erwidern.

„Zug“ allerlei durchgesehn.―

Frau Ditta Schneider, von Olga aus Berlin. Ihre Schulden;― ich erklärte mich bereit, ihr die 3000 M., die sie braucht, zu überweisen. Allgemeine Gespräche; ich war recht erregt, schaute auf mancherlei zurück.― Frau Ditta war rührend; wieder einmal hat O. eine „wirkliche Freundin“ ― aber auf wie lang?―

Mit C. P. Kino (Frauen am Abgrund); mit ihr Churhauskeller.―