Samstag, 28. Jänner 1928

28/1 Dictirt Briefe, Sek.,― „Maecen“.―

O. zu Tisch ― hat eben (vor unserm Thor) Prof. Schmutzer und Korngold getroffen … dieser: „Was macht die Singerei.“ Darauf sie „ich habe jetzt einträglicheres zu thun“ ― Dies erzählt sie mir und Kolap weinend ― „K. einer von denen, die eigentlich hauptsächlich an ihren Mißerfolgen schuld“ ― ich spüre die ungerechten Ideenverbindungen.

Nach Tisch läßt O. allerlei verpacken; auch Ditta Schn. schickt allerlei Stoffe etc.― Das Zimmer, aus dem so viel ausgezogen wurde, und dessen Möbel ich ihr bald auch schicke, macht einen verwüsteten herzbeklemmenden Eindruck. Symbolisches Verhalten der Dinge. Es berührt mich unverhältnismäßig. (Unverhältnismäßig ― ?) Ein Brief von Lili an O., in dem sie von Bemühungen für deren Bestellungen und Anfragen (wegen alten Stoffen) berichtet, versöhnt sie mit Lili.―

Mühseliges Arbeiten, erst gegen Abend überhaupt möglich an Sekund. und Abenteurer; thränenschwere Niederstimmung.―

Was gab es sonst noch heute? Viola Gabr. Schl. telef. Geklatsch aus der N. Fr. Pr. (angeblich neues Reflectiren auf meinen Roman; aber ohne neue Bedingungen);― Brief von Dr. Müller aus Berlin (wegen Verfilmung Comt. Mizi) mit lächerlichen Bedingungen;― Brief nach London, Bernhardi, wo die Intern. soc. keine Tantième zahlen will;― Lecture in Kerrs letztem Buch („Es sei wie es wolle …“); Carossa’s Rum. Tagebuch ― und ein Buch von Rich. Wahle (Entstehung der Charaktere;― gegen Psychoanalyse) begonnen.― Unzulänglichkeiten aller meiner Beziehungen bedacht und über eignes Verschulden nachgedacht.― Fuldas Brief (über Aph.) ― und Lucys (über Geist etc…) ― der eine gegen meinen Glauben an Willensfreiheit;― die andre mit der genau gegentheiligen Auffassung meiner Auffassung.― Körperlich labiles Befinden;― materielle Unsicherheit anfallsweise mit Angst empfunden;― Richard telef. wegen einer grammatik. Sache in Georgs Tod, von dem neue Auflagen erscheinen („nahe beim oder nahe vom Fenster“) und sagt wieder herzliches über das Aph.-Buch;― u. s. w.―

Mit C. P. Heimatkino Dirnenschiff, ein widerlicher Film (Barrymore), aus Manon zusammengestohlen; letzte Samstagvorstellung ½9 ― üble Gerüche.― Mit C. P. im silb. Brunnen;― etwas mühseliges Gespräch;― Anwesenheit O.s macht sie wieder dumm; beklagte sich bei Kolap, dass sie nicht zu mir kommt (reine Eitelkeitsache);― sieht schlecht aus, nimmt übel, thut mir leid, macht mich nervös.

Beinahe beste Stunde zu Haus allein, lesend.― Wäre einem wohler,― könnte man mehr, besseres arbeiten ― bei „Familienglück“ (von dem ich heute kaum mehr andres als Erinnerung, Melancholie und Sorge habe ― aber ist das nicht undankbar von mir …?).