Mittwoch, 12. September 1923

12/9 Lochau. Träume u. a. daß Dr. Karolyi mit einer langen Nadel in meinen Zahn sticht, was mich (nach vorheriger Angst) gar nicht schmerzt, und sagt. Der Nerv ist eben todt.―

― Nach Bregenz; allerlei besorgt, Billets, nach Wien für mich und Lili; nach Baden-Baden für Olga.―

― Dr. Horowitz begleitet mich und beklagt sich, daß der Hotelier nun auch zwei andre Musiker engagirt habe; er wolle klagen;― er sei so einsam, nicht einmal Flirts mit Amerikanerinnen (wie in Salzburg und Kufstein (ein früh gealterter abnorm häßlicher herabgekommener Mensch)).― Zurück Lochau (Schiff). Strandbad und geschwommen (O. und Lili sonnen sich).―

O. der ich meinen Traum erzähle meint er sei leicht zu deuten. (Sie meint offenbar: es schmerzt nicht mehr.―) Dabei ist es so schlimm wie nur je. Mir bangt vor der neuen Trennung;― und doch spür ich immer wieder, daß ein Zusammenleben unmöglich wäre. Und am stärksten beinah fühl ich Olgas Weh, die sich nun wieder von Lili wer weiß auf wie lang trennen muss. ― Wie viel Tragik und Sinnlosigkeit zugleich in diesem Zusammenbruch. Wie oft noch dieses Abschiednehmen und Wiedersehen. Nie mehr zur Ruhe.― Und die äußern Verhältnisse compliciren die Sache immer mehr. Sorgen, Sorgen, Sorgen.― In ihrem letzten Brief sagt Dora M.: „Müßte O. nicht wissen, daß diese Jahre ihre wichtigste und einzig lohnende Aufgabe sein müssen?“ ― Zu einem wirklichen „Gespräch“ kam und kommt es nicht.― In Lilis Gegenwart ist sie überherzlich, allzu zärtlich mit mir;― wenn wir zu zweit sind verschließen wir uns beide. Ich schreibe diese Zeilen in meinem schönen Zimmer mit dem Blick auf den See;― daneben Olga und Lili;― immer Thränen mühselig zurückdrängend,― und weiß, daß ich in Wien manchmal mit Sehnsucht an diese Stunden zurückdenken werde. Nun nehm ich den Verf. wieder her. Wird er je zu Ende gelangen?― Wer wird ihn drucken? Wer spielen? Wahre Anfängersorgen ― „auf der Höhe des Ruhms ―“ freilich auf dem Lebensweg nach abwärts ― (trotz allem …).