Montag, 22. Jänner 1923

22/1 Früh Brief von O.;― sie scheint nun völlig zum Kauf entschlossen, und ich kann ihr nicht unrecht geben … Damit ist etwas definitives geschehn,― der „wirkliche“ Abschluß ist da ― es erschütterte mich so schmerzlich, dass ich einen Thränenausbruch hatte wie seit Monaten nicht ― noch bitterlich im Freien weinte … Offenbar hab ich doch noch immer „das wunderbare“ erwartet … Mir ist, als wärs immer wieder ein Tod, immer wieder ein neues Begräbnis.― Mein Schmerz war heute so heftig, daß ich nicht einmal Erbitterung fühlte.― Es gibt immer noch ein neues, stärkeres „Vorbei“.―

Dictirt allerlei ärgerliche Briefe, auch Erklärung für den „Dial“. Schott mit seinen Kindern unterbrach für eine Weile die Arbeit.―

Traum von gestern: Ich äußere mich über Hölderlins Empedokles (den ich wirklich eben lese) meinem Sinne nach etwas ketzerisch, was ich auch betone,― zu wenig Gestalt … ich rede auf einem Schiffsverdeck;― erhalte daraufhin einen Brief von Arthur Kaufmann, der mirs verweist.

Mit Heini spielt ich gestern Spohrs Symphonie Weihe der Töne; wir waren frappirt Vorahnungen von Mahler und Tschaikowski zu finden.

Träumte heute Nacht ― daß Heini an meinem (?) Schreibtisch säße, in Schlafrock, etwa als wär er mein Vater und mich interpellirte wegen V. L.; ich erklärte ihm, es sei harmlos, aber er hatte dann eigentlich H. K. gemeint.―

Den Nachm. ziemlich zerschlagen (wie seiner Zeit nach „Scenen“) ― schrieb an O., an Berthe Br.;― beiden etwas gezwungen.― Dann Bilanz 1922,― jetzt ganz unsinnig, da die Ziffern eine andre Bedeutung haben.―

N. d. N. mit Heini Op. 127 Beethoven … Was klingt mir in diesen Beethoven Quartetten alles mit … Wie oft hab ich sie mit Mama vierhändig gespielt, wie oft von Rosé gehört … Vaterhaus,― Bösendorfersaal ― Musik in vollem Klang … und trotzdem ich das Qu. vielleicht vor 3 Jahren zuletzt gehört … die Erinnerungen waren alle von viel früher.