6/1 Ich frage mich, ob ich „mich allzusehr gehen lasse“ … ob ich irgendwie selbst „schuld bin“ dass nach vorübergehenden Besserungen mein Gemütszustand so übel ist wie nur je?― Was kann ich andres thun ― als zu arbeiten versuchen?― Mit den andern Menschen leben?― Mein Tagewerk treiben ― ? Bin ich schuld, daß, trotz all meines guten Willens in meine Arbeit das Bewußtsein meiner Lebenssituation einbricht,― und die schweren Gedanken um das Problem Lili und ihre Mutter ― ! Und die Qual nicht mehr sosehr um das Unrecht, das mir angethan wurde ― sondern um die innere fortdauernde Ungerechtigkeit, die ich von dorther über mich wahrhaft „verhängt fühle“.― Wieviel „Zwangsvorstellung“ bei alldem ist weiß ich wohl ― aber bin ich daran „schuld“ ― ?― Ich spüre auch das pathologische in diesen morgendlichen fast anfallsartigen Stimmungen, mit ihren Weinkrämpfen ― aber „kann ich was dafür“? Wär mir nicht tausendmal wohler wenn es anders wäre. „Will“ ich nicht, daß es anders sei ― ?
Klarer Wintertag. Spazierg. H. K. Schafberg. Redete u. a. über Gesetze des Dramas und kam mir komisch vor …― Sie sprach später von einem neuauftauchenden Herrn D.; ich machte mich lustig, sie weinte; aber es war wegen der bevorstehenden Abreise von Walter. „Wir haben kein Geld“ … Er will eine reiche Frau heiraten und sie nachkommen lassen. Auch sie hat glücksritterliche Pläne.―
Es gibt ein Schuldgefühl ohne schlechtes Gewissen (das schlimmste vielleicht) ― so seh ich heut der Ankunft der Kinder entgegen. Nein ― ich konnte nicht anders!
Nm. am Verführer; und Eintragungen.
Auf die Westbahn;― begegnete dort H. K., die eben Walter auf die Bahn gebracht hatte, spazierte mit ihr herum. W. „liebt mich sehr“. (Wie könnt es anders sein?)
― Ankunft der Kinder, wohl und vergnügt.―
Heini theilt mir mit, dass O. zwischen München und Wien schwanke;― aber gern her wolle. Meine Stimmung schlug sofort um.― Der Gedanke, daß sie wieder hier leben wollte,― mit allen Consequenzen, fast unerträglich.― Freilich; jetzt wär wieder das das bequemste.―