Samstag, 25. Juni 1921

25/6 Schlimmer Morgen (nach einem Gymnasiastentraum von einem Stubenmädchen); bitterlich geweint.―

Mit Alfred Mayer in der Stadt herum, eine schöne Barockkirche in der Sendlingerstr.; begegnet Agnes Ulmann (aus Gastein zurück),― in die neue Secession; Disc. mit Mayer über Lehmbruck und Klee.―

Mit O. in der Hall der Jahreszeiten;― spricht über ihre „Heimatlosigkeit“ … Sie erzählt von den Zuständen hier, der Neigung gewisser Leute, zu „degringoliren“;― von der Schriftstellergattin Frau W.; die mit Erlaubnis des Gatten auf ein paar Tage mit einem Liebhaber nach Starnberg gefahren und daraufhin mit ihrem Mann erst recht bösartig geworden …― Ob ihre Reise nach M. höheres Niveau gewesen, frag ich sie;― sie spürt kaum die äußeren Analogien. (Innerlich gibts ja selten welche.) ―

Wir speisen zusammen im Hotel.―

Nm. les ich Zeitungen, Stendhal.―

Durch die Isaranlagen zu O.; sie kommt in Dirndlcostume aus dem Hause; eben arbeiten J. und G. an der Oper. Wir spazieren an dem wundervollen Sommerabend gegen St. Emmeran, und durchs Dorf;― anfangs in leidlich ruhigem Gespräch;― sie erzählt mir ausführlich die Geschichte von G. und der Sängerin; in einem Bedürfnis, sich mir gegenüber auszusprechen; ihr Briefwechsel mit ihr; G. selbst ist nun bouleversirt, daß ihm dergleichen begegnen könne;― anfangs hör ich ruhig, objectiv zu;― aber bald wird eine wilde Scene daraus, ich sage O. alles was ich auf dem Herzen habe; mit den furchtbarsten Worten,― und werde fassungslos vor Zorn, wie sie wieder mit der Ausflucht kommt, ich habe sie von mir „fortgetrieben“,― sie von meinen Gedanken, Arbeiten ausgeschlossen;― bliebe dann noch immer: Warum diese zwei Jahre ― seit Herbst 19?― Thränen, Verzweiflung ― all das um nichts geringer ― wenn morgen auch der Tag der „Scheidung“ ist ― der nun wirklich wahr wird.

― Sommerabend, spielende Kinder, Spaziergänger ― ich spüre das unvergeßliche dieser Stunde, das Zusammengebrochensein meines Glücks ― meinen Haß ― und die Unvergänglichkeit meiner Liebe, wie seit lange nicht (spreche aber nur von dem ersten) ―

Wir gehn in das Bräu an der Ecke, nachtmahlen,― sind von Zärtlichkeit erfüllt. Ich begleite sie bis zum Hausthor; ich soll noch hinauf,― mit den andern Thee trinken ― Nein … Ob sie mich nicht ein Stück begleiten solle ― ! Nein … Und ich scheide, zerquält, durchwühlt. Sitze dann noch in der Hall, lese Zeitungen und Rouge et noir.