Dienstag, 22. Februar 1921

22/2 In der früh, schlaflos im Bett,― da ich flüchtig erwog, mit Lucy, ev. O. in Salzburg zusammenzukommen, um näheres zu besprechen ― fällt mir ein, wie ich 1901 zum ersten Mal in Hellbrunn mit O. unter einem hohen schönen Baum saß ― und sie visionär drei Kinder sah, die wir haben sollten, und mit ihnen sprach. Jedesmal besuchten wir den Baum ― ich glaube, noch 17.― Wir haben nur zwei Kinder … Das dritte?― Vielleicht (vielleicht) ist das die Wurzel alles Unheils, daß sie sich zu diesem dritten nicht entschließen konnte. Metaphysisch ―? Metaphysik ist für den Denkenden nur sublimirte Logik.― Ich mußte bitterlich weinen;― für heute steht mir die erste Besprechung mit dem Advokaten bevor.―

― Vorfrühlingstag.―

In der Kanzlei Dr. Eirich, mit dem beflissenen jüdischen Fräulein, das mir immer telefonirt, allerlei geschäftliches besprochen.―

Bei Frau Dr. Lichtenstern, die noch immer liegt.― Dr. R. Müller.―

Nach 5 bei Dr. Geiringer. Er war nicht sehr überrascht. Von den Scheidungsgerüchten hatte er in der letzten Zeit nichts ― aber zur Zeit, da Vallos Ehe auseinanderging, vernommen, also ― Herbst 1919.― Ich ließ mich über einzelne Äußerlichkeiten unterrichten;― bei einverständlicher Scheidung brauchten wir eigentlich keinen Advokaten;― nun da es so weit,― sollten wirs möglichst rasch machen.― Nicht Einer, der wie man vermuthen hätte können, doch zur Erwägung räth ― ihr häufiges Fortsein in den letzten Jahren, die übeln Gerüchte lassen jeden die Lösung als besten Ausweg ansehen … Und einmütig die Empfindung, der auch G. heute Ausdruck gab: „Viel Geist, und wenig Herz.“ ― Ich führte die Unterredung mit Ruhe; nun ist auch das vorbei, was mir (sonderbarer Weise) als der erste „entscheidende“ Schritt erschien;― und ― wovon ich schon vor 8 Jahren zum ersten Mal sprach.―

Dann mit R. L. Heumühle, Caffèhaus.― Wir unterhielten uns, den Beruf der Gasthausgäste zu erraten.

Keine Nachricht von O.― Sie erwartet nun wohl meinen Brief, zu dem ich mich nicht entschließen kann.