Donnerstag, 30. Dezember 1920

30/12 Früh ein paar Worte mit O.; keine Möglichkeit der Verständigung.―

Dictirt; einen langen Brief an Prof. Richter, preußisches Cultusministerium, der mir, offenbar ein wenig mitschuldig an dem Reigen Verbot, einen sehr netten Brief geschrieben.―

Heini kommt aus Mariazell zurück.―

Nm. mit O. ein kurzes Gespräch. Ich rede von Gisa’s Vorschlag, endgiltige Entscheidung, resp. meine Unterredung mit dem Rechtsanwalt bis nach der „Reigen“premiere aufzuschieben; da ich in dieser bevorstehenden Probenzeit ― Zeit und Kopf für die z. Th. sehr complicirten Verhandlungen habe [!]. Sie erklärt, daß sie spätestens am 10. Jänner nach München fahre; und erst zu den „Versöhnungsversuchen“ zurück wolle; sie habe heute Vorm. ― (da die Hofr. wieder abgesagt ― sie will offenbar mit der Sache nichts zu thun haben) Kolap ersucht, ihren Bruder um einen tüchtigen Advokaten zu fragen, der sich kein „Sensationsbratl“ aus der Sache machen wolle.― Sie will Lili 4 Monate haben, worauf ich nicht einzugehn gedenke; nach der Scheidung wieder ihren Mädchennamen tragen.― Sie sehe absolut keinen andern Ausweg;― sie wäre aus München thatsächlich mit den besten Absichten zurückgekommen; die Scene von Samstag habe sie überzeugt, daß alles vergeblich.― Gisa findet es unerlässlich, daß ich Julius informire, was Olga einsieht; ja sie erklärt sich bereit, eventuell selbst mit ihm zu reden.―

― Gegen Mittag hatte mir Richard Specht sein Buch über Richard Strauß gebracht, das mir gewidmet ist „dem Dichter dem Menschen dem Freunde in alter immer neuer Liebe und Verehrung“.― Er hatte Thränen im Aug, deutete an, daß er auch in seiner neuen Ehe beginne unglücklich zu sein. „Man sollte vielleicht allein bleiben …“ „Man sollte nicht, aber man ist es“ sagte ich.― Er dann: „Wir haben seit Reichenau 1919 über gewisse Dinge nicht gesprochen ― ich bin immer da, wenn Sie mich brauchen.“

Abends in ein Kino (Goldfieber).―

O. findet Heini verändert, ihr gegenüber „steif“.―