Freitag, 23. Juli 1920

23/7 Vm. R. L.

Gespräch mit O.― Sie hatte gestern keine Gelegenheit gehabt mit Hofr. zu sprechen, da viel Leute.― Sie äußert ihren festen Entschluss zu gehen; ich erkläre dass ich meine Rechte hinsichtlich der Kinder in keiner Weise schmälern lassen werde. Hieraus entwickelt sich eine furchtbare qualvolle Discussion; die natürlich nicht zu Ende führt …

Den Nachm. allein in meinem Zimmer. Blutige Thränen.

Abds. bei der Hofr. (Vorher treff ich Isidor Benedikt und Leo Feld, die mein vortreffliches Aussehen constatiren.) … Auch sie sieht keine Lösung mehr.―

N. d. N. O. in meinem Zimmer. Bis nach Mitternacht … Das vormittags angeschlagne Hauptmotiv, ich sei ein „Zerstörer“ oder wie Liesl angeblich gesagt ein Vampyr, wurde weitergeführt.― Meine Depressionszustände, meine Sucht zu quälen, meine Tyrannei u. s. w.― Viel daran wahr;― immerhin vergaß sie allzusehr ihre eignen Fehler, an die ich endlich, auch nicht immer ganz milde, erinnern mußte.― Ein weitres Zusammenleben wurde als unmöglich erkannt. Die äußere Ordnung noch nicht ins letzte besprochen. Sie will auf ein paar Monate im Jahr die Kinder haben. Wie, wo, auf welche Weise (abgesehn von den finanz. Schwierigkeiten) kaum noch berührt.― Gegen diese Stunden war alles Kinderspiel. So viele Thränen wie heut hab ich nie vergossen ― und die Minuten, in denen ich weinen konnte, waren noch die erträglichsten. Oft saß ich allein draußen auf meinem Balkon, in der wundersamen Sommernacht,― O. im Zimmer auf meinem Divan. Warum warum?― ― Sie fand gegen Schluss, eigentlich habe ich immer viel Glück gehabt … nur mein Ohrenleiden … sei der Ring des Polykrates.