Dienstag, 6. Jänner 1920

6/1 Heini hat bei Zuckerkandls übernachtet, hat dort mit Vicki gestern Abend dem Fried, der sie nächstens dirigirt, die Fünfte Mahler vorgespielt.― „Das findt man doch nur in Wien“ sagte Fried

― Zu Saltens.― Otti;― mit ihr über die Kinder;― frühere und jetzige Paedagogik.― (S. war auf der Jagd um einen Hirsch zu schießen.―) Lebensalter einst und jetzt.― Risa H., die ihrem 20j. Sohn verbietet ― sie zu grüßen, wenn er sie zufällig trifft!

Zu Haus erzählt mir O. daß Arthur Kfm. dagewesen, und von einem Gespräch über die Lichtenstern’schen Versuche,― Freud etc., allerlei Erotik. Ich bemerke etwas zu der Immoralität ja Verbrecherhaftigkeit psychoanalytischer Seelenaufwühlerei;― ein Blick und Lächeln O.s: Man soll Seelen nicht vergewaltigen;― belehrt mich daß sie fälschlich eine Analogie sucht oder annimmt zwischen der oft unreinlichen Bohrerei oft unberufener Aerzte in den Seelen von Patienten;― und Fragen oder Bemerkungen von mir ihr gegenüber;― dieses maßlose Unverständnis aus Opportunitätsgründen rührt wieder alles in mir gegen sie auf; in einer Heftigkeit, deren pathologischen Antheil ich diagnosticire.―

Nm. ein Brief an Dora Michaelis, die besorgt ist wegen der bevorstehenden Reigen Aufführung.

― Abends bei Frau Patak, wo eine kleine zionistische Gesellschaft versammelt war; für Hrn. Arthur Ruppin, einen der Führer. Er erzählte mir von palaestines. Zuständen und Landschaften, und wollte mich endlich mit Obst verlocken.― Kluger entschiedener Mensch, nicht ohne Humor.―