Mittwoch, 15. Oktober 1919

15/10 General Pr. Schloßtheater Eckbrecht (Gina Kranz) „Diebe im Haus“; nicht ganz ohne Begabung, aber verlogen bis ins Mark, sowohl in der Gesinnung als in der Diction. (Communistische Millionärin.) Der Geist von Blei.

Gegen Abend bei der Hofrätin. Sie erzählte mir als neues Factum, daß sie O. am 13. September nach Salzburg einen sehr aufrichtigen sie zur Besinnung auffordernden Brief geschrieben, auf den O. erst gestern teleph., wie einsichtig, geantwortet. In diesem tel. Gespräch hatte sie auch der Hofr. (die eben erst aus Rom zurück) von den Scheidungsgerüchten in Empörung Mittheilung gemacht; Alma angeschuldigt und die Hofr. direct beauftragt, Alma diese Empörung mitzutheilen. A. erklärt sich nun völlig unschuldig und hat O. in diesem Sinn nach Salzburg telegrafirt. Außerdem ließ sie Schreker zu sich kommen ― der wieder seinerseits alles in Abrede stellt und an G. nach Salzb. schreibt, er solle nachforschen, woher die Gerüchte stammen (?).― Der Zusammenhang ist klar: Schr. war in S.;― der Klatsch war zweifellos schon im Gang und er (Schr.) hatte mit G. wahrscheinlich eine Auseinandersetzung ― theilweise aus Indiscretion, theilweise aus Väterlichkeit seinem Schüler gegenüber.― Ich erinnere die Hofr.; daß ich O. vor der Abreise ― absichtlich vor einer Zeugin ― auf die Taktlosigkeit ihres Schrittes aufmerksam gemacht und ausdrücklich erklärt, daß sie allein die mit Sicherheit vorherzusehenden Consequenzen zu tragen habe.― Die fast gesetzmäßige Entwicklung des Falles gibt mir eine irgendwie aesthetische Befriedigung. Da die Spannung vorüber, bin ich seelisch fast gleichgiltig;― und überdies mit den Nerven wieder besser durch die Abwesenheit O.s.― O. hat von den Gerüchten schon ein paar Tage vorher gehört;― am Sonntag Abend schon mit Entrüstung zu Frau E. gesprochen ― der gegenüber sie (was mir unwahrscheinlich) auch die Hoffnung ausgesprochen, mit mir wieder in ein gutes, oder gar das alte Verhältnis zu kommen.― Über die Unsinnigkeit der Concertreise in dieser Zeit. Ich sage zur Hofr.: Das Unglück, daß nie eine Freundin ihr die volle Wahrheit gesagt. Hofr.: … Da kann ich mich auch nicht von Schuld ganz frei sprechen.― Übrigens bleibt das Wort der Stephi immer wahr: „Wenn man ihr die Wahrheit sagt, verliert man sie.“―