Montag, 13. Oktober 1919

13/10 Mit den üblichen Herz- und Kopfschmerzen erwacht. Nie wieder einzuholende Stunden ― Tage ― Monate ― Nie wieder gutzumachendes!―

Mit Kolap herum, in einem wichtigen Gespräch.―

Probe Freiwild. Corrigirte allerlei (in der Regie),― als hätt ich mit der ganzen Sache noch was zu thun.―

Zu Tisch Lili

Nm. reist O. nach Salzburg, München, Frankfurt. Die ganzen letzten Tage hatten wir nur alltäglich harmloses gesprochen; sie erbittet Ratschläge, erzählt allerlei als wäre alles in bester Ordnung. Keinerlei Fragen, weder sie noch ich. Vor der Abfahrt kam sie zu mir ins Zimmer; ich gehe im Zimmer umher, spreche kein Wort. Nur, wie sie sich erhebt: „Laß dirs wohl ergehen und erinnere dich an alles, was ich dir gesagt.“―

In die Vorstandsitzung des Autorenverbandes.

Dann wollt ich, von Loos gebeten, in seine Vorlesung ― machte nah vor dem Conzerthaus, in plötzlichem Grausen, Halt, über den dunkeln Ring (― wie furchtbar diese Stadt in dieser allgemeinen und besondern Stimmung),― mit schwerem Herzen, und nachsichtslos.

― Panorama, steirische Berge, nach Haus. Die Kinder. Ja. Und doch welche Einsamkeit, welche lastende furchtbare Einsamkeit. Meine Nerven sind am Ende. Es war eine schönere Zeit, als ich um sie weinte ― nun wein ich um mich.―

Las den zweiten Theil von H. K.s Tagebuch. Gutes und schlimmes, wahres und verlogenes, dummes Mädelhaftes und frühreifes, naives und allzu erfahrenes nebeneinander.

1919-10-13