Samstag, 11. Jänner 1919

11/1 Vm. spazieren, auch mit O.―

Nm. bei der Hofrätin, wo Hugo, und Haguenin. Dieser, Mitglied der französ. Wirtschaftscommission; früher Professor in Berlin; stellt sich mir als Schätzer meiner Werke vor und wünscht Ansichten von mir, insbesondre wegen Anschlusses Deutsch Oest. ― an Deutschland. Ich frage, was D. Oest., das wirtschaftlich sich allein nicht halten kann, thun soll, da (wie H. eben wieder nach directen Gesprächen aus Prag mitbringt) die Czechen in ihrem Hass unversöhnlich sind? Es scheint sich nun etwas mit den Jugoslawen anzuknüpfen ― über die serbischen Schweine (keine Metapher).― Ich äußere mein Erstaunen über das Verhalten der Entente gegenüber dem besiegten und nun so zerwühlten Deutschland. H. entschuldigt es damit, daß siegreiche Generäle stets idiotisch seien ― und dem unzerstörbaren Mißtrauen gegenüber Deutschland. Er gibt mir auch meine Bedenken betreffs Wilson ohneweiters zu ― die fabelhafte Ignoranz drüben in geographischer und historischer Hinsicht. Das sitzt über Deutschland und Oesterreich zu Gericht ― und entscheidet die Zukunft der nächsten Jahrzehnte ― und damit den weitern Lauf der Weltgeschichte. Es ist kaum möglich in der Verachtung der Politik zu weit zu gehn; die Bosheit und Leichtfertigkeit ― überall ―, in allen großen ― und in allen kleinen Momenten ist ungeheuerlich.― H. reist direct nach Versailles.― Dann kam die Idee einer Neutralisirung D. Oe. zur Sprache, „Helvetisirung“;― ich meinte es würde nun vielleicht was ich neulich im Scherz gesagt ― ein Reich von Künstlern und Kellnern.―

Z. N. Julius und Helene bei uns.―