Dienstag, 14. Mai 1918

14/5 Das übliche Erwachen ― zwischen 5 und 6, mit leichten, sich sofort steigernden Kopfschmerzen;― und heftiger Thränenausbruch. Ich fühle wohl das pathologische Moment in diesem Zustand;― aber das schafft die Ursachen nicht aus der Welt …

― Was begibt sich eigentlich ―? Was ich schon manchmal erlebt ― die Agonie einer Liebe ― diesmal besonders lang und schmerzhaft ― weil auch die Beziehung eine so ungeheuer starke war;― und durch die Nebenumstände.― Aus mannigfachen Gründen gelingt uns nicht ― was in so vielen Ehen der Fall ― ausklingen zu lassen;― sich bescheiden. Dazu ihre Grundfehler ― und meine;― ich sehe keine Rettung; als mit aller Energie was noch von erotischem Gefühl da ist, abtödten,― sich völlig auf sich selbst zurückziehen.― Es hätte nicht so kommen müssen,― wenn Unzufriedenheit nicht wie eine Krankheit in ihr zehrte ― und in mir das, was sie „Besitzsucht“ nennt, so stark entwickelt wäre … Nur dass wir ohne dieses letztere ― längst nicht mehr beisammen wären.― Morgen mein Geburtstag ― fast fürcht ich die trügerische Versöhnungstimmung;― denn die Sache ist verloren ― und wieder eine Campherinjektion aendert nichts.―

Dictirt Briefe.

Zu Tisch Albert (der gestern einen großen Odoardo Erfolg gehabt hat). Dann Richard. Geschichten von Franckenstein, Possart u. a.―

Mimi brachte mir Rosen, sehr fahrig,― Vicki „gratulirt“ gleichfalls; wir reden über die allgemeine nervöse Atmosphäre. Sie gehn zu Martha Stroß. O. Kopfwaschen und Concert, ich jausne mit Lili,― die jetzt, während ich dies schreibe, noch in meinem Schlafzimmer beim Thee sitzt, in Lederhosen, und mir Küsse zuwirft.―

Dann Neue Wiener Bühne, zu Lucka, „Mutter“, schwaches, braves, nicht sonderlich gescheidtes Stück.―

Daheim mit O., die aus dem Schrekerschülerconcert kommt, ein Gespräch, in der bekannten Art; ruhig beginnend, erregt sich entwickelnd,― bis zu schlimmer Höhe, verebbend. Immerhin tritt nächtlich, wie ich vorher geahnt, die versöhnliche Wendung ein.―

1918-05-14