31/12 In übler und böser Stimmung erwacht. Spazierg. im Regen Dreimarkstein. Eine Welle von Hass flutete durch meine Seele; die theilweise Ungerechtigkeit, ja Krankhaftigkeit spürt ich wohl, doch half es nicht. Traf in der Tram Walden, der zu „Altheidelberg“ fuhr; früher hatte ich Herterich (den Bruder) gesprochen. Daheim befreite ich mich ein wenig durch eine heftige Auseinandersetzung, in der ich O. bittres dreiviertelwahres sagte. Bei Tisch streckte sie mir versöhnt, aber nicht ganz echt versöhnt die Hand entgegen.―
Nm. am Fldb., 3. Akt neu begonnen (Garten der Fürstin).―
Fingis Besuch bei Lili; der erste nach ihrem Ausscheiden aus unserm Haus.―
Lese das kleine Paraguaybuch (an die Front) von Frh. v. Gedult aus.―
Sylvestergesellschaft bei uns: Julius Helene Annie, Hajek und Gisa, Arthur Kfm., Jacob Wassermann, Efr. Frisch (zum ersten Mal);― Ama, Mimi Stephi Onkel Max;― Auernheimer und Frau;― Praes. v. Landesberger mit Hansi; Gerty und Lili;― Steiners, Fr. Nossal mit Bob,― Rothschild,― Marg. Gelbard.― Recht animirt. Das Roulette stand unbenützt auf dem Tisch. Frl. Gelbard spielte einiges humoristische auf dem Klavier.― Mit dem Praesidenten über den neuen Kaiser, der „Karl der plötzliche“ genannt wird. Man spricht von seinem josefin. Temperament (das ich bezweifle ― ohne ein wirklich josefinisches für wünschenswerth zu halten). Über Josef II.,― seine Problematik. Oesterreichisches. Der Sturz Siegharts; an sich nicht zu beklagen, aber die Art wie es geschah, ein übles Symptom.― Die Verlogenheit in der Politik (nach L.) hier noch schlimmer als in Rußland.― Mit Arthur Kfm. über Jacob, der in einer Discussion wieder „für die Gallerie“ und unlogisch gesprochen;― über den wahrscheinlich ungünstigen Einfluss von Seiten der durch und durch unwahren Frau Martha;― über die polit. Situation, Antwortnote der Entente, Fortdauer des Kriegs.
― Auernh. konnt ich angenehmes über seine neuen Novellen sagen.― Hajek sprach ― zum ersten Mal sehr eingehend und theilnahmsvoll über mein Ohrenleiden;― später kamen wir auf den „freien Willen“.― Stephi verschwand bald nach 12, da U. bei ihr auf sie wartete.― Mimi hat heut ein Tel. von Stringa,― einen Brief hat Au. ihr in der Oper zugesteckt;― sie sitzt zum Schluss allein an dem langen Tisch, gießt als letzte Blei; raucht Cigaretten, ist galgenhumoristisch und sagt: „Es lebe die Schlamastik.“ Vor zwei ist alles fort, O. spricht mir von einem Brief W.s aus Aleppo und der Beziehung zwischen ihm und U.; wo dunkles mitspielt;― ich lese in den Hebbel Briefen und schlafe bald ein.―