Samstag, 16. Juli 1910

16/7 Letzte Nacht in der Spöttelgasse. Träume. Verwirrt von Onkel Felix und den seinen.

Dann: Bin in den Gängen des Burgtheaters, verirre mich beinah, Probe Medardus, ohne mich zu verständigen. Erstes Bild. (Erinnre mich nicht.) Zweites, die Schenkenszene: ein großes Orchester, lauter junge Leute, gegen den Hintergrund ansteigend, doch ich höre nichts (ohne traurige Betonung) ― dann Bühne quasi leer, Straße, vier (?) Jünglinge, operettenhaft costumirt, tollen herum, wie nach Maskenball; warum so lustig? besprech ich mit Olga, mit Secr. Rosenbaum. R. theilt mit, jemand hätte geäußert, ob ich nicht endlich aufhören werde, ernste Dramen zu schreiben. Ich ärgre mich (Gustav hatte mir gestern erzählt ― Leo Feld habe gefragt, warum ich nicht endlich ein Lustspiel schreibe) ― Pause. Im Parkett ein Herr, der mit O. spricht. Ich posire den Gleichgiltigen. O. stellt mich vor, er ist ein Maler (Ebeseder?) ― Auf den Bühnengang. Ansammlung von Schauspielern um Berger, der mit schiefem Cylinder eine Art Festrede hält ― für Zeska (?) mir fällt das W. L. ein, ich erblicke die Decoration des 2. Akts, eine Landschaft, Husarenoffiziere im Gelände, es sollte eigentlich heißen: Schöne Aussichten (ohne Witz), freilich, das ist modern, da werden mir die Leute verzeihn, daß es nicht nur lustig. Abgedeckte Drehbühne, bleiben wir? … Fahrt Kärntnerstraße, abgebrochnes Haus, aus einem Fenster, dessen Aussicht dadurch freigeworden, blickt eine Schreibmaschinistin, ziemlich alt, in blau weiß gestreifter Bluse ―

Im Theater, sparsame Decoration, aha Brahm, bin zuerst auf der Bühne, dann im Parkett, Traumulus; Bassermann, Scene mit seiner Frau, er spuckt sich den Bart an, dann stützt er sich, zu humoristischer Wirkung auf eine Sessellehne, dann legt er sich auf den Tisch, seine Frau prackt ihn auf den Hintern, Publikum johlt, ich empört über Bassermann und Publikum; dann, mit O. vor dem innern Volksgartenthor, erklär ich daß B. für mich erledigt.―

― Übersiedlung, schönstes Wetter. Briefe, darunter ein ganz interessanter von Ehrenstein; im Anschluß daran mit O. ein Gespräch über die „Grenzer“ (GoldmannPolgar, Ehrenstein etc.) ― Räumerei den ganzen Tag, kein elektrisches am Abend. Beamtenfrechheiten der Commune (nach Berichten des Ingenieurs etc.) ― Bad.― Nachtmahl Holzer, im Bett noch in der „Schaubühne“.―