Mittwoch, 15. Jänner 1908

15/1 Vorm. spazieren Himmel, Sievring.―

Nm. mach ich eben Notizen zu einer „Kritikerschule“ (satir. Einakter) ― als ein Herr eintritt, Werkmann Red. der Zeit, mich beglückwünscht ― „Wozu?“ ― Grillparzerpreis. War sehr erstaunt, da von mir diesmal keine Rede war und vor 2 Tagen Wildenbruchs „Rabensteinerin“ als sicher überallhintelegrafirt wurde.― Da ich den Grillp. Preis für das Zwischenspiel bekommen, das ihn wahrhaftig nicht verdient, konnt ich leicht bescheiden sein und dem Herrn von der Zeit manches andre Stück nennen, das in Betracht gekommen wäre.― Olga bekam im Bett einen Weinkrampf vor Freude.― Ich ging eine Weile fort, war eine Weile freudig erregt, fast zu Thränen, was sich rasch verlor;― zu Haus kam bald Herm. Menkes (N. W. Journal) mit dem ich montirt manches kluge sprach.― Dann folgte ein recht überflüssiges Gespräch mit O., das, von unsern beiden Nervositäten ins unlogische geführt wurde, worauf für den Rest des Abends für mich Kopfweh und Vernichtung folgte. Später folgte natürlich die Verständigung.― Aber von „Freude“ kann ich jetzt, (11 Uhr Nachts), kaum ein Fünkchen in mir entdecken.― Man sollte den Sinn für das wesentliche doch nicht allzusehr haben ― besonders wenn der negative Sinn auch für das unwesentliche vortrefflich entwickelt ist.―

Das Preisrichtercollegium besteht aus: Minor, Schlenther, Hevesi, Burckhard, Erich Schmidt.― Als man sich auf die Rabenst. nicht einigen konnte, war Schlenther für Schönherrs „Familie“; als er das nicht durchsetzen konnte, schlug Minor „Zwischenspiel“ vor, was einstimmig (wie es sein muss) genehmigt wurde.―