Donnerstag, 2. Jänner 1908

2/1 Wag ichs wieder ―?―

Traum vom 30. zum 31. Dez.: ich spiele mit Frau Mahler die 7. Symphonie ihres Gatten (die schon componirt aber noch unbekannt ist).―

Traum der Sylvesternacht. (Las: Goethe über seine Schriften (Faust) ― und Napoleon Briefe.) ― Spaziergang in Wiesbaden ― andre Landschaft ― suche Hotel du parc,― (Deutung: Annie Sikora hat eben Strial in Wiesb. geheiratet ― Wiesbadner Stimmung nach dem Tod M. R.s ―) kleine Tasche in der Hand (― wie die Pflegerinnen) ― überschreite den schmalen Fluss, Bach auf einer Art Naturbrücke; frage nach Zimmern ― Lunch eben vorbei, ½2; man weist mir zwei hübsche, boudoirartige an, zu Seiten der 2 Damenclosets (durch diese 2 getrennt) (Deutung? Moltke Harden Prozess: „die Frau ist ein Closet …“) ― nehme sie nicht ― Blick von einer Art Wintergarten Hall in die Landschaft (eng) hinunter, Portier sieht aus wie eine lange Marionette mit gemalten Lippen und Wangen ― Dann bin ich im Cursalon Wien?, treffe Schik, der jung und schlank, höflich nach kurzem Gruss sich entfernt. Hugo: Ich habe Ihr Feuill. gelesen ― es hat mir nicht gefallen ― dann noch einmal, da hab ichs schön gefunden (Deutung: wie wird ihm mein Roman gefallen ―?). Dann irgendwie mit der Rosa Papier in einer Partitur gelesen, wir unterschreiben uns beide ― sie notirt etwa: A. S. hat mich sehr gut begleitet ― ― Dann lese ich meinen Roman, aber es ist eigentlich ein Stück aus 1840, spiele selbst drin,― (Deutung: Hugo schreibt eine Komoedie aus 1840) ― Längen, wieder des Romans, er spielt im Park von Allenstein (Deutung: wo gestern ein Mord geschehn, ostpreuß. Garnison) ―

Lewinger vorbei (den ich Meran schwer krank gesehen) im Hotel,― hat 10 Kilo zugenommen; Doctor Bum (Deutung: auch großer Bart ―) höhnisch vorbei.―

Traum der Neujahrsnacht.― Mit O. (?) in Cassel, sollen (wollen?) Mottl besuchen, aus Operngründen, trinke in einer schlechten Wirtschaft (Hotel?) Caffee ― (Deutung: Roman ― Carrière O.s!) ―

Dann Bruder liegt schwer krank.― Mein Vater ruft mich ins andre Zimmer (so deutlich wie ich ihn seit seinem Tod nicht gesehn!) ― sagt herzlich doch nicht in ganz unbesorgtem Ton (ganz so wie der Vater Georgs im Roman!) ich hätte in diesem Jahr doch sehr wenig geschrieben! Ich wehre mich, sage, dass Thomas Mann seit 99 nichts schrieb ― es käme aufs wie an (ungefähr) „recht behalten werde doch ich!“ ― Vater gibts zu, spielt mit dem Zwicker (wie Georgs Vater im Roman). Ich suche und finde endlich mit Mühe den Roman in der N. R.; hole das Heft von meinem normalen Pult ― Manuscriptenschrank (obzwar die Wohnung im ganzen ein Gemisch von Burgring und Spöttelgasse).― Auch eine preußische Militärmusik spielt unklar hinein, die Lueger nicht leiden kann.