Samstag, 28. Jänner 1905

28/1 Vm. Spaziergang Neuwaldegg, Pötzleinsdorf.―

Mittag kam die D. R. mit Kerr’s Artikel über Charolais. Meine erste Empfindung ― ganz unzweifelhaft: Neid. Dabei stehn lauter Dinge über Richard drin, die ich unterschreibe,― die ich seit Jahren weiss und ausgesprochen habe … Dabei ist Richard vielleicht unter allen Menschen (von Olga, Julius, Gisa, Mama abgesehn) der mir am theuersten.― Dabei bin ich voll Einsicht für das wesentliche, und weiss ― dass alle Arten von Vergleich Unsinn sind.― Dabei bin ich im tiefsten von meiner künstlerischen Unzulänglichkeit überzeugt ― und fühle mich überschätzt ― Dabei bin ich als neidlos geradezu bekannt ― und gewiss einer der neidlosesten Menschen, die es gibt. Und meine erste Empfindung, wie ich diesen bewunderungsvollen vollkommen richtigen meine eignen Ansichten enthaltenden Artikel des berufensten Kritikers über meinen besten Freund ― nein, ein dummes Wort ― über einen der mir liebsten Menschen lese ― ist: Neid … Und da soll ich … die andern Menschen achten, in denen es gewiss noch viel wüster aussieht ―?

Eine Stunde drauf die „Zukunft“, in der Harden anläßlich des Grillparzerpreises (Hauptmann) auf Hugo mich, und Richard hinweist, von Künstlern spricht, auf die Oesterreich stolz sein könnte ― und ich fühle mich „beschämt“ …, habe eine direct unangenehme Empfindung … …Wie weit ist man noch vom „reinen Leben“. Oh!―

Nm. Notizen über Kunst niedergeschrieben und gelesen.―

Abds. Freiwild Première. Gute Aufführung. Starker Erfolg. Die Direktoren baten mich herauszukommen; ich that es contre coeur.― Es war gar kein Widerspruch und Rohnstedt (die Figur) schien am besten zu gefallen. R. fordert jetzt nicht mehr zum Scheinduell auf, was der Scene zu statten kommt. Das Stück bleibt schwach, und noch mehr: dünn.― Große Liebenswürdigkeit der Theaterleute gegen mich.― Als ich aus dem Theater herauskam, mit Kutschera (Rönning) behochten mich einige Judenbuben und -mädeln.―

Nachtmahlten (Mama, O., Hajek, Gisa) im Riedhof.―

Plauderte noch lang zu Haus mit O.