Donnerstag, 4. Dezember 1902

4/12 Vorm., aus Anlass einer Rundfrage eines daen. Blattes in den Tagebüchern von 96 gelesen. Eindruck dass diese Zeit heitrer war als die jetzige. Manchmal scheint mir, dass die Verdüsterung meiner Existenz eigentlich vom Herbst 96 an datirt, von der Zeit, da das Ohrensausen begonnen, das mich seither keine Sekunde lang verlassen hat. Allerdings muss ich sagen, dass ich mich, von schweren Stunden abgesehen, leidlich daran gewöhnt habe. Selbst die so deutlich zunehmende Gehörschwäche (Theater!) verstimmt mich nicht so tief als ich selbst von mir annehmen müßte. Wenigstens nicht immer.―

Bei Gustav. Kurze Frage nach meinem Stück. Meine Empfindung, dass ich mich an etwas gewagt was meine Kräfte übersteigt. Die Objektivität meinen Gestalten gegenüber als Schaden an meinem dramatischen Schaffen.― ― Geringe Arbeitskraft. Dabei findet man, dass ich fleißig bin. Oesterreich!― Keiner macht was.―

Richard B.-H. kümmert sich seit geraumer Zeit nicht um mich. Persönliche Empfindung, dass O. ihm antipathisch ist.―

Nm. Dr. Felix Hitschmann; wünscht, sehr höflich, ja rührend devot, den Reigen als Weihnachtsgeschenk für seinen Freund. Ich leihe ihm das Buch und empfehle ihm Buddenbrooks.―

Versuche am Stück; Scenenbau des 4. und 5. Aktes.

― Bei O.; die Halsentzündung hat.―

Im Kfh. Salten und Metzl aus dem Rmdth. (Kleinbürger). Salten hatte großen Erfolg mit dem Gemeinen in Berlin.― Er sprach auch Liesl und Paul. Die erstere ist ihm sehr zuwider.― Ich habe Salten vor ein paar Monaten prophezeit, dass er jetzt an der Reihe sei.― Mein Verhältnis zu ihm ist auch keine ganz grundhelle Sache. Wie überhaupt zu keinem. Wir sind eben alle solche Egoisten. Und alle empfindlich, alle mißtrauisch. Beziehungen mit gelegentlich freundschaftlicher Betonung.―

Gustav verlangte energisch sein Feuilleton von der Zeit zurück.―

Ich dictirte Frl. Blau bei mir zu Hause.―