Freitag, 20. August 1897

20/8 Ischl.― Regen.― Flüchtige Begrüßung im Speisesaal Y., indem sie auf mich zulief.― Dann saßen wir, sie, Paul, Richard und ich auf der Terrasse.― Nicht weit davon O. und der Gatte.― Bei Tisch ihr vis à vis; Gatten vorgestellt.― O. auffallend; ersichtlich irgend welche Beziehung.― Sehr nervös.― Klavier; Y. und ich an Kaffeetisch ― O. weg mit dem Gatten.― Spaziergang mit Richard, Paul und Y.― Ich konnte gleich anfangs Bemerkungen über O. nicht unterdrücken.― Wald.― Anfangs wollte sie ihre Erklärungen verschieben.― Dann erzählte ich ihr: wie mich plötzlich in Wien jene wahnsinnige Verliebtheit in sie überfallen und wie schrecklich ihr Brief auf mich gewirkt; wie ich mich insbesondre an unsern Spaziergang auf den „Doppelblick“ mit unglaublicher Wehmut erinnert.― Sie schien betreten. Nun erzählte sie. Wie ich sie in Salzburg trotz ihres Bittens, über Nacht zu bleiben, verlassen ― entsetzl. Eindruck.― Gleich war ich wieder der „Frauenjäger“ und sie „auch eine“. In G. kam sie mit Gatten und Kindern zusammen; dort waren Wiener, es wurde viel über mich geredet und geschimpft (Frauen). Nun mein kalter Brief.― In G. mißfiel es ihr sehr; zurück nach Ischl en famille ― Gleich am ersten Abend O. der sie fixirt.― Man hatte ihr erzählt, O. sei mit mir befreundet: sie combinirte, ich habe ihm zugeredet, er solle sich mit ihr befassen, ich habe sie ihm sozusagen empfohlen. Nach zwei Tagen schon habe er ihr lebhaft gefallen; ganz so wie ich ― und da sie gesehn, dass es schließlich dasselbe,― habe sie mir um Briefe und Bilder geschrieben. (Damals war meine Verliebtheit in sie am größten.) ― Ein Verhältnis habe sie nicht mit ihm (ich sagte ihr gleich, dass ichs erstens nicht glaube und zweitens, dass das ganz egal sei). Es sei überhaupt nicht dasselbe,― lustiger etc.― Darauf kam mein Brief ― und sie habe gefunden, sie müsse mich jedenfalls sprechen, mir der Wahrheit gemäss alles erzählen; nicht Sehnsucht. Drum mir geschrieben.―

Ich war sehr irritirt.― Soupirt auch neben ihr (und A.s) ― Gatte (den man schon gegen mich gehetzt) schien mißtrauisch.― Ich sagte ihr: alles sei ganz selbstverständlich; sie erklärt, dass sie sich schäme ― wenn sie eine Ahnung davon gehabt hätte, was in mir vorgegangen ―! ja dann wäre das alles nicht geschehn. Ich: sie hätte mir anständigerweise schreiben müssen, dass ich nicht kommen solle. Sie: Oh nein ― es sei auch nie aus gewesen ― O. immer in der Nähe, sehr nervös; wir waren sehr freundlich zu einander, spielten abwechselnd Klavier.― Dann Champagner, viele junge Leute; A.s, Rud. K., ― Gatte Anekdoten; O. sah Y. lang nach, als sie verschwand.―

Im ganzen war es sehr traurig; das traurigste war mir, dass gerade zu jener Zeit, wo ich am stärksten empfand, sie mit mir fertig war und O. liebte;― und dass ich sehe, wie mich jede Eifersucht nahezu unzurechnungsfähig macht; mich Unvorsichtigkeiten, Unklugheiten und selbst Niedrigkeiten begehen lassen könnte und mich absolut absorbirt.