Sonntag, 10. Mai 1896

10/5 U. a. sagt Mz. I, das sei ihr Glück, sie könne mich mit einer andern Gel. doch eigentlich nicht vorstellen ― würd sie mich plötzlich mit einer sehn ― sie würd wahnsinnig ― „ich hab gar keine Einbildungskraft“.

Dilly wird sich nie wundern, dass man irgend was erfahren hat; ihr fehlt wie vielen Fraun vollkommen der Begriff des Geheimnisses.― Höchstens wird sie rhetorisch fragen: Woher weißt du denn das?― Nie: Um Himmels willen, wie hast du denn das erfahren?―

Ich werde mir die Politik nie einreden lassen. Sie ist das niederste und hat mit dem Wesen der Menschen am wenigsten zu thun. Die „großen Politiker“ waren entweder Monomanen oder große Spieler mit Menschen (Combinirende, also wohl Künstler?). Gerade was sie uns einreden will, dass sie für die Massen wichtig ist, ist falsch, es handelt sich in der Politik nur um Schicksale von einzelnen ― vorerst, deren Aenderung das andre natürlich bedingt. Die Socialpolitik (immer) steht dem menschlichen näher; sie befasst sich vor allem mit dem Hunger.― Wofür ich mich interessire, fängt jenseits dieser Dinge an. Wenn der polit. Schwindel überflüssig und die Menschen nicht mehr hungrig sind, wird man sich ausschließlich dafür interessiren ― aber dafür ― solang die Welt steht. „Kunst ―“ Und hab ich deswegen einen „engen“ Horizont ―?―

Mit dem Bic. Baden HeiligenkreuzWien.―

Abd. mit Mz. Rh. bei Uns soupirt.― Plötzlich beklagte sie sich über meinen Mangel an Zärtlichkeit ― weil ich vorsichtig war ― ich war wüthend ― nannte sie ein dummes Weib ― dann war ich unvorsichtig.―

Im Kfh. Leo Vanjung ― erzählt mir und Richard B.-H., Frau E. Fr. war bei ihm, wies Briefe vor, Salten hat bei ihr 2400 fl. nach und nach, oft in eben nicht schöner Weise entliehn ― habe nun mit ihr gebrochen, gebe nichts heraus, nicht einmal die wichtigen Depôtscheine.― Sehr [erstaunt] war ich nicht, da ich von seinen moral. Qualitäten nie was gehalten (aus guten Gründen) aber es stört mich doch sehr.― Sonderbar meine starke persönl. Sympathie für ihn.