6/11 Von Else Brief „Affaire Sandrock“ was mich verstimmte.―
Mz. Rnh. Nm. da.― Schon gestern bereitete sie auf eine Auseinandersetzung vor. Ich sagte ihr selbst, was sie sagen wollte: Wieder wie früher sein; so geht das nicht weiter. Sie: Ja. Sie scheinen eine Neigung zu Gewaltstreichen zu haben (auf das vorletzte Mal anspielend). Ich: Sie wollen gar keine Unruhe in der Seele haben; sich gemütlich lieben lassen, das macht schön warm ― ohne sich zu incommodiren ― höchstens ein bischen flirten ― aber das geht nicht! Ich werde nie mehr für Sie empfinden als Sie für mich. Aber selbstverständlich füge ich mich. Sie sind so sicher wie auf einem Parquetsitz in der Oper.― Dann plauderten wir sehr gemütlich noch ½ Std. ― und hätten uns so gern geküsst!― Und heut bin ich weiter als je.
Nacht bei Dilly.― Halbstündige Gesprächspausen ― da bekommt sie Angstzustände.― Meine Zärtlichkeit für sie ist so müd ― so müd!―
Traum. Mein Vater. Ich lese ihm in einem großen offnen Saal (ihm und noch mehreren) etwas vor, etwa Tovote, oder was französ.― Gefällt ihm. Ich: Wie würdest du schimpfen, wenn es von einem Deutschen und gar von einem verwandten wäre!― Er lächelt.― Schwester und ich gehen weg. Es ist, wie wenn jeder Verstorbene wieder 2 Jahre leben könnte, nur wissen die Angehörigen, dass er an dem selben Tag wieder sterben muss. Gisa: Wie traurig, dass er am 2. Mai sterben wird!― Und es war furchtbar schmerzlich.
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geboren Elsa Singer
Schriftstellerin, Sprachlehrerin
Rufname Dilly
Schauspielerin
Schriftsteller
Gesangspädagogin
Laryngologe
Friedrich M. Fels an Arthur Schnitzler, 6. 11. 1894