Dienstag, 21. Juni 1887

21/6 Dinstag Nachts auf dem Journale.―

Am 23. März Theater bei Str.: Der grollende Löwe von Limé.

Sonnenthal Fritz Fürst

Hartmann Ich

Frau Hartmann Rosa St.

Lewinsky Paul Horn.

Proben oben; gemütlich, Rosa St. attachirt sich. Häufig auf Bällen mit ihr geplauscht. Gern gesehener Gast oben, Partien in den Prater, auf den Kahlenberg ― Tanz bei ihr oben; wir zwei nur; ihre Schwestern spielten ― flüchtiger Kuss auf die Stirne; wir wissen beide sozusagen nichts davon. Sind „gute Freunde“. Ich machte sie immerhin auf die Gefahr aufmerksam.

Olga Briefwechsel. Sie und ihre Schwester 12/5 Mikado. Besuch in der Loge. Süßer, tiefer Blick. Schrieb ihr eben wieder.

Helene lief mir weiter nach. Hundertmal warf ich sie quasi hinaus. Endlich reist sie Ende April ab; nachdem sie die Nacht vorher, nach gemütlichem Souper Amy Fritz, bei mir verbracht.― Sagte ihr auf der Bahn Adieu. War froh.

Vor 14 Tagen war sie wieder da; fiel plötzlich Nachmittag in meine Wohnung ― Abend kam ich 12 Uhr ahnungslos nach Hause. Im Krankenhausgarten ruft mich der Nachtwächter an.(Seit zwei Stunden wartet Helene im Dunkel der Nacht auf mich.) Sie war mir so zuwider ― liess sie immerhin über Nacht bei mir. Ja richtig aus P. hatte sie mir dumme Briefe geschrieben, die ich kaum beantwortete. Am nächsten Tag suchte sie mich vergebens, weinte Fritz an.―

In der nächsten Frühe, ich lag noch im Bette, war sie schon wieder bei mir oben. Sie hatte Zeugnisse,― für ihre Verwandten, die sie nun wollen ausbilden lassen, dass sie Stimme habe.― Entliess sie kalt. Sie ist verzweifelt, dass ich sie nicht liebe ― Sie warf sich auf mein Bett: Seien Sie barmherzig! Sie war mir nur zuwider; ich hatte kaum Mitleid. Bei aller „Jungfräulichkeit“ doch ein geiles, dummes, verlogenes, hysterisches L…

Malvine ab und zu. Beim Rennen. Dumme Gans.

― Eine zweideutige Dame, Irma de Cast. schrieb mir geistreichelnde Briefe; passte mich sogar einmal im Kaffeehaus ab. Schüttelte sie durch consequente Nichtbeachtung und Nichtbeantwortung ab.

Nachts Kaffeehaus ― Spiele Mackau. Pech. Spielwuth.

Seit 1. April Secundararzt bei Neumann

Nichts packendes. Auch Medizin wird gelesen. Laryngoskopire fleißig bei N., bring es aber zu nichts.― Muß à tout prix für die Zeitung schreiben. Erscheint was, so findens die Leut arrogant; schreib ich nicht, so „thu ich nichts“, ― ekelhaftes Gesindel.

Ecarté mit Paul H.

Kuwazl in schlechtem Ruf; schmutzige Schulden. Seh ihn gar nicht.―

Oskar Kr. lieber Mensch; gutes Beobachtungstalent mit flüssigem Stil.

Blumencorso. Im Volke. Olga fuhr an mir vorüber, ohne mich zu sehn; mit ihrer Schwester, unter Palmen und Orangen.

Zu Hause schlechte Stimmung. Mein Papa hat für Verwandte riesige Ausgaben, ärgert sich auch über mich, eigentlich ganz ohne Grund, da ich eigentlich fleißiger bin (medizinisch) als je.― Gis. mit ihrer langweiligen Verliebtheit zu einem armen jungen Doktor; blass, härmt sich ab ― Gar keine Aussichten für die nächste Zeit natürlich.― Eltern klarerweise gekränkt.

Literarisch wenig: Gabrielens Reue etwas weiter. Wenig Zeit; auch selten Stimmung.―

25 Jahre! Was hab ich mir als achtzehnjähriger eingebildet! was würd ich um die Zeit schon geleistet haben ―? Resultat: Ruf eines gescheidten aber arroganten Menschen bei fernestehenden; eines Lebemanns bei einigen, was Papa ärgert, ― bei gut Bekannten: eines geistreichen, sehr veranlagten, aber sich zu nichts aufraffenden Menschen.

Und doch ists nur die Phantasie, die mich vielleicht noch zu was bringt ― gewiss nimmer die Medizin, wenn ich mich auch zu Zeiten merkwürdig hineinlebe.

Juli

August