Mittwoch, 23. April 1884

23/4 Mittwoch Mg.― Gestern hat sich Gisela verheiratet ― mit einem öden, beschränkten Kerl. Ich war bei der Trauung zugegen; stand ihr vis à vis während sie die Ringe tauschten, Abend war ich dort bei der Hochzeitsfeier ― alles spielte sich in orthodox jüdischer Weise ab und hätte wohl Stimmung gehabt, wenn alles danach gewesen wäre ― Die schöne junge Frau versprach mir Briefe und ― „auch mehr und bessres als Briefe ―“. Es war schließlich beinahe rührend, als sie mit ihrem Manne wegging. Da erst, im Gange, begann sie herzbrechend zu weinen ― am Halse ihrer reizenden Schwester Mela, welche sozusagen den Abend über immer mehr aufknospte.

― Als das junge Ehepaar verschwand ― ich muss es gestehen, wurd’ ich ― zornig ― stampfte auf den Boden ― setzte mich endlich in ein leeres Zimmer ganz in die Ecke, die Hand vor den Augen ― Mela, die dazugekommen war, unter Thränen lächelnd, reichte mir die ihre.

Mai