Dienstag, 7. August 1883

7/8 Dinstag.

Am Donnerstag sass ich mit Wilhelm O., den mir neuere Umstände zu einem häufigen Gesellschafter gemacht haben, und Richard bei Tökés in der ungar. Restauration ― Es war unendlich heiter und ich lachte mich zu Tode über die treue Betty.― Am Tag darauf rannt ich in den Volksg.; eigentlich wegen Toni, die, während ich sie nicht gesehen hatte, eine gewisse Rolle in mir zu spielen angefangen hatte. Ich traf Fännchen. Sie sass da mit Eduard M. Er redete in seiner gewöhnlichen Manier. Sie war nur auf eine halbe Stunde da, mich zu sehen. Verliebt, traurig, eifersüchtig, zärtlich.― Ich begleitete sie nach Hause, eilte zurück; traf noch Minna und Toni, Wilhelm O., Richard ― ein rasches Wort von mir wurde willig aufgenommen, wir fuhren nach Döbling… Es war sehr nett ― Toni schloss sich lebhaft an, war hübsch, anregend, lieb. Küsste mit Grazie. Am Sonntag machten wir eine reizende Partie auf den Kahlenberg ― nach Klosterneuburg, Betty, Arthur, ― Minna, Wilhelm, Toni ich ― Richard unbeweibt… Und voll des süßen Weines, als wir in einem Coupé 1. Kl. gen Wien fuhren, lehnt ich halb schlummernd meinen Kopf auf die Schulter Toni’s. Die Scene im Coupé voll Stimmung, voll Sinnlichkeit ― voll Zärtlichkeit. Toni entwickelte sich anders, als ich gedacht. Sie steht höher als ich gedacht. Ich könnte ihr beinahe Dinge glauben, über die ich anfänglich herzlich gelacht habe, aber nur beinahe. Gestern Abend wandelt’ ich mit ihr im Volksg. herum, ein Rendezvous mit ihr wurde durch ihre Schwester, die ein wirkliches Verhältnis Toni’s mit mir ungern sehen würde, vereitelt. Wir werden die Gelegenheit abpassen müssen, aber sie wird kommen. Ängstlichkeit Tonis, ihr Witz, ihre Typicität. Resolutheit Minnas, ihr energischer Ton ― beide Mädchen, charakteristisch, ausgeprägt eigentümlich, ohne Spur von Bedeutung. Gescheidt, aber gewöhnlich. Toni anschmiegend, liebenswürdig, beinah verliebt… Fännchen fixirte sie, erzählt sie mir, mit nicht wohlwollendem Ausdruck. Sie mit den Z.s an mir und ihr vorbei ― feuerrot, mit zornig ironischem Gruss.―

Frieberger ist mit einzelnen meiner Gedichte sehr zufrieden, viele gefallen ihm, einzelne nicht. Den Plan zum modernen Jugendleben solle ich fallen lassen. „Für Sie wird es ein Tagebuch sein“, sagte er „für die andern nicht einmal das.“ Der Zwiespalt zwischen Idealismus und Realismus bei einem Jüngling altmodisch zu schildern; heute wäre nur der Mann da, in dem sich dieser Zwiespalt modern schildern ließe: Bemerkungen, mit denen ich nicht ganz einverstanden bin. Nichtsdestoweniger lass ich die Idee ihrer allzugroßen Subjectivität wegen fallen, und will ― wofern ich wirklich den Fleiss dazu finde, mich an die Ausführung der Menschenliebe wagen. Der Stoff dazu erschien ihm originell, interessant, barock. Nur fehlt ihm ein Schluss.―