Mittwoch, 1. August 1883

1/8 Mittwoch Vormittag, im Arkadencafé.―

Toute ma famille in Ischl, ich allein in Wien. Eigentlich langweilig. Es wäre aus den letzten fünf Wochen doch so manches aufzuzeichnen. Zu Peter und Paul reiste ich nach Ischl, wo ich mich vierzehn Tage lang aufhielt. Ich wohnte dort sehr gemütlich, allein, fühlte mich recht wohl. Max, Ludwig Tennenbaum, ein Pester, namens Kray, dann ein sichrer Benvenisti bildeten meinen hauptsächlichen Verkehr … alles recht nett … von was besonderm keine Rede. Von Mädchen sprach ich recht häufig die im wahrsten Sinn des Wortes reizende Bertha St. ― In Aussee war ich zwei Tage lang. Der eine Tag war meinem liebenswürdigen Freunde Rich. H. gewidmet; ein hübscher Ausflug auf die Pfeiferalm; graziöse Unterhaltung mit dem Frl. Kron zu erwähnen. Der zweite Tag fand mich bei E.s; Laura und Josephine brachten Stimmung.― In Unterach verbracht, ich gleichfalls zwei Tage; ich war zu Besuch bei meiner Tante Marie M., ich sprach Tewele, besuchte in Weissenbach die Wolter und Theimer’s.―

Noch ein paar Schlagworte, aus Ischl, die übrigens nichts bedeuten: Holländerin, Badenserin, Norddeutsche.

Frühmarsch nach Kaiserebersdorf am Tag nach meiner Ankunft. Scheußlich.

Neulich einmal sehr lustig mit Richard T. (der seine zweite Staatsprüfung einstimmig bestanden) und zwei andern Herren (Fischer, Schwarz) bei Ronacher uns am Weine, Tanzsängerinnen und Phoites erlabt; um Mitternacht mußt, ich ins Spital, wo ich Inspektion bei einem todtkranken Cadetten hatte, der richtig sozusagen mir unter den Händen starb. Es war Stimmung; aber sehr peinliche Stimmung; sehr verdrossen, beinahe melancholisch ging ich nach Hause.

Ein andrer lustiger Abend bei einem flüchtigen Bekannten Ostersetzer. Arthur H. mit seiner Geliebten Betty, O.s Geliebte Minna F. mit ihrer Schwester Antonie, Richard, ein Herr K., Pepi M., Rosenthal, Richard T., ich waren dort. Roulette. Aufgeräumt. Stephanskeller. Die zwei Liebhaber waren verstimmt, eifersüchtig. Es war lustig. Antonie reagirte lebhaft. Mannigfaches Kosen und Küssen.― Als ich neulich im Offiziersspital Inspektion hatte, und eben vom Nachtmahl in mein Zimmer zurückkehren wollte, wurde mir vom Insp.-Gefreiten gemeldet, daß mich Richard mit zwei Damen beim Grünen Jäger erwarte. Ich hin, stürze auf sie zu und bemerk erst, nachdem ich lebhaft ausgerufen: Aber Kinder, ich hab ja Inspektion, hinter mir den R. A. Gschirhakl. Er lächelte. Ich noch mehr.― Die zwei Damen waren Betty, die treue Geliebte Arthur H.s, und Mizi. Ich mußte leider bald weg; die drei begleiteten mich zum Offizierspital. Noch in derselben Nacht wurde Betty dem braven Arthur H. zu Gunsten Richards untreu.

― O Gesindel von Weibern!

Ein paar Mal sprach ich im Volksg. Fännchen, Fany u. s. w.― Fännchen erklärte mir, sie sei verloren, so oft sie mit mir spreche, könne nicht aufhören, mich zu lieben. …Eduard M., der komische Kauz, sagte mir vorgestern in seiner bekannten gutmütigen Manier: es sei eigentlich nicht schön, ein Mädchen, das so treu an einem hänge, zu vernachlässigen, „man“ sei sehr gekränkt, wenn „man“ mich mit andern Mädchen herumspazieren sehe, wenn „man“ es auch nicht zugestehen wolle.

Du fühlst dich glücklich, wunderschönes Kind, Und warum sollte dein Geschick mich dauern? Dein Leben flieht wie heißer Sommerwind Dahin in toller Liebe Wollustschauern! … Du reizend schöne tolle wilde, Lass mich umschlingen deinen Leib, Ich küsse deinen Hals, Mathilde , Du wundersames schönes Weib!
1883-08-01