13/11 Montag Abend.― Bin seit einer Woche etwas leidend.― Muss mir selber aufrichtig gestehn, daß die Medicin immer mehr das Interesse für mich verliert. Vielleicht, weil sie mich neuerdings in recht hypochondrische Stimmungen versetzt …’s ist doch zu dumm, ewig und immer Kranke und Todte vor sich zu sehen. Und dabei hält sie mich doch gebannt. Insoweit zum mindesten, dass sie Zeit und besonders Gedanken mehrweniger absorbirt und jede Kunstbegeisterung sozusagen im Entstehen wieder erstickt. Ich habe aber gar nicht übel Lust, eine Zeit lang wieder … in meine Heimat zurückzukehren… ’s ist doch schöner, eine Novelle zu schreiben, als ein Bein zu amputiren.― Doch einiges über die Art und Weise, wie ich letztens meine Zeit verbringe.―
Bis zehn hab ich häufig im Garnisonsspitale zu thun, wenn nicht, so bin ich wohl ein Stündchen auf der Poliklinik oder bei Bamberger … oder nirgends. Bis zwölf hör ich die chirurgische Vorlesung von Billroth… ein Prachtmensch! ― Dann geh, ich in den Riedhof, wo ich mit Louis M. und Theodor Fr. zu speisen pflege. Hierauf geh’n wir ab und zu zu Späth auf die geburtshilfl. Klinik, öfters ins Arkadencafé; dann geh’ ich entweder in die Neumann’sche Vorlesung über Syphilis und Hautkrankheiten oder ich muss wegen Reglementsstunde ins Garnisonsspital. Von fünf an pfleg’ ich im Café C. oder zu Hause zu sein; Abends hab’ ich entweder Rendezvous oder wie in den letzten Tagen sehr häufig bin ich wegen der Probe des Brüll’schen Stückes, in welchem ich die Hauptrolle spiele bei Horns, oder Strisowers.― Die Besetzung des Stückes ist folgende.―
Nur lügen muss man können. Scherz in einem Akte von Emil Brüll.― (Ein urdummes Stück.)
Vogel, Musiker. Ich.
Annchen, seine Frau. Fr. Riki Strisower.
Malten, Maler. Hr. Eugen Brüll.
Clärchen, seine Frau. Frl. Hermine Schosberg.
Preller, Literat. Autor.
Runge, Diener. Hr. Paul Horn.―
Regie Herr Karl Goldmark.―