Montag, 27. Februar 1882

27/2 Montag Abend. O wär der Frühling wieder da! Das ist nicht etwa Naturschwärmerei, Lyrik,― nein … es ist einfach der Wunsch, ein Stück Zeit, das mir allzu lästig ist, zu überspringen. Aber ich sehe schon, es kann wieder erst halbwegs anständig in mir aussehn, wenn ich… in mein Reich zurückkehre … was allerdings noch manchen Mond dauern wird. Aber jetzt ganz speciell … abgesehen von dem Rigorosen-Studium ― sind wieder dumme Dinge zum Verbittern da. Sie seien nach ihrer Lösung erst berichtet.

… War vorgestern auf 2 Hausbällen (Elias und Hellmann) gestern bei meiner Tante Irene M., wo getanzt, gespielt, gegessen wurde (im Familienkreis). Die Adler’s waren dort. Bertha, Sophie, Gisèle. Die beiden ersten bestimmt objectivirte Sinnlichkeit ― für ihren Cousin Louis, meinen Collegen; bleibt noch immer genug allgemeine übrig … kaum lässt sich’s zähmen … O die „Sitte“!― Es war unterhaltend ― für ein paar Stündchen räumte der Wein die Verdrossenheit aus meinem Hirne weg, ― ich war lustig, ausgelassen, mit einem Mal wars wieder aus. Ich hätte mich todtschiessen mögen. Zu Haus konnt ich dann lang nicht einschlafen … und wachend sah ich verworrenes Zeug vor mir … einen Tanzsaal, in dem plötzlich ein Skelet oder so was ähnliches vor mir ― und der Eugen Brüll … stand plötzlich zwar sehr wohlgemut, aber geköpft vor meinen Augen … und mir war ganz widerlich zu Mute … Hört nicht auf.― Sophie L. traf ich auf dem Ball bei Hellmanns. Sie ist aus Berlin auf ein paar Wochen hier … Ich erkannte sie nicht gleich … obwohl ich vor ein paar Jahren, als sie Wien verliess, sehr sentimental in mein Tagebuch schrieb … „Werde ich sie wohl je wiedersehen?“ Sie war das hübscheste Mädchen auf dem Ball und so ziemlich die schlechteste Tänzerin … Sie hat irgend eine Kleinigkeit von nicht ganz alltäglichem an sich. Mir kam vor, als hätte sie Anlagen zur Schwärmerei, aber nicht den Mut dazu. Mit einem Fräulein Josephine Kanitz, einem aussergewöhnlich gewöhnlichen, herzensguten Mädchen tanzt ich viel.

Chronika.