Samstag, 21. Jänner 1882

21/1 Samstag. Liess das Feuilleton stehen & zog mich in mein Schneckenhaus zurück. Vor wenig Tagen (Mittwoch früh) ist Eugen & Pepi nach Triest gereist. Eugen reist in ein paar Wochen über Antwerpen nach Amerika; vorderhand New-York. Ein paar Mal war ich bei M.’s oben und plauderte mit der entzückenden Fany M. über so manches. Einmal traf ich auch ihre Cousine bei ihr. Heute mit ein paar Weibern, ihrer Mutter, Tante, und der Schwägerin des L. in der Nähe des Eislaufvereins dieselbe. Ich begleitete sie ein Stück und sie spielte wiederholt auf die glückliche Zeit an, da wir uns liebten. Ab & zu fiel ein trüber Schatten hinein…

… Sie hat von irgend einem erzählen hören, dieser selbe habe mich im Rathauspark mit einem hübschen Mädchen gesehen.― „Das ist mir zwar sehr gleichgiltig“ setzte sie sehr gezwungen hinzu … und „man geht ja mit verschiedenen Damen herum ―“ … Sie schien mir sehr matt gestimmt … sie ist durchhaucht von übersehnsüchtiger Sinnlichkeit … ein schönes … reifes Mädchen, ― aber … die Gesellschaft! die socialen Schranken.―

… Ich langweile mich furchtbar, Jahre lang, unaufhörlich ― mir fehlt … u. s. w.―

Jacques geht in ein paar Tagen nach Theresienstadt bei L., um dort das Examen zu machen.―

Gestern … ha! ― blätterte ich im Walter-Concert um. Es war imponirend. Rückauf spielte. Ganz gut…

Neulich begann ich ein paar Verse zu schreiben … aber es liegt wie Blei auf mir…

… „Mir ist, als zög ich fort nach vielen Jahren

Aus einer öden & verwirrten Welt…“

und

„Der Heimat Auen winken mir entgegen

Und immer näher wandl’ ich meinem Glück…“

und

„Wie ist mir doch so wunderbar zu Mute, Da mir die holde Muse, wie vor Zeiten, Als wollte nimmer sie von hinnen gleiten, Geliebt in den beglückten Armen ruht.―“

… Ich glaubte es … ferne, sehr ferne liegt nun diese selige, himmelschöne Heimat … aber sie bleibt meine Heimat … und ein tiefes, sehnsüchtiges Heimweh taucht wie Abendnebel aus dem herbstlichen Teich ― aus meiner Seele empor … Oh und es ist mir oft, als müsst ich hineilen, ― zurück in die leuchtenden Gefilde … und wie eine Fata Morgana erscheinen sie auf einen Augenblick vor mir! Ich werde zurückkehren, und wenn ich nicht gelähmt wäre, eilt’ ich längst flügelschnell in die Arme der Geliebten, die mir jetzt nur selten ihren flüchtigen Besuch macht, da sie sich nicht wohl fühlt, wo ich jetzt weile. Ich sehe sie wie verhauchend vorbeischweben, mir leise winken, ich glaube sogar lächeln … mir ist, als flüsterten ihre Lippen ― Ich liebe dich ewig … ewig und du wirst an meinem Busen noch glücklich sein, unendlich glücklich.