30/9 Donnerstag Abd.― Wer ließe wohl um einer Fanny willen eine Ernestine nicht warten. Ich ging wieder an der Seite meines geliebten holden treuen Mädchens, umringt von dem gewöhnlichen Schwarm ― und ihre Liebesworte schmeichelten sich an mein Ohr so süss so erquickend wie je ―
― Im allgemeinen aber sieht das gesammte Weben der Zeit sich jetzt nicht sehr tröstlich an ― und der Wandrer, wie er durch den lieblichen beseligenden Wald zieht ist doch recht schmerzlich mißmutig darüber, dass er sich nicht hinstrecken darf, behaglich ― und völlig genießend. Und dann ― alles andre! Meine Brust durchquält jenes ewige Gefühl von Unzulänglichkeit der Dinge ringsum und des Thuns und Denkens und Schaffens. Wohinaus? Wozu? Und so zu wissen, so überzeugt zu sein, dass wir nichts sind als lebendige Uebergänge ― und dass wir eigentlich aus reinem Zufall existiren ― und daß dann oder dann die Pulse aufhören zu schlagen ― und wir sind gewesen, und auch nur in so fern, als jemand sich daran erinnert, dem ― es endlich gerade so gehen wird.
Wofür heben wir uns denn auf? Wir sind ja geschaffen für den Augenblick und geschaffen für den Genuss. Jeder arbeitet für den andern ― wenn ich irgend etwas großes vollbringe, so ist es in so ferne gross, als es weiter seine Kreise zieht. „übrigens ist im großen Kreislauf des Menschentums alles gleich gross wie eigentlich alles gleich schwer ist.“ Es geht ja keine Kraft verloren. Seltsame Käuze, die meinen, es hätte deshalb irgend was ’nen Zweck. Was wir Zweck heißen, existirt im Sein nicht ― Alles was geschieht ist in erster Linie Wirkung, in zweiter Ursache. Ich finde es aber viel eher kläglich als großartig, dass von all diesen Zufällen unser Leben, die Art und Weise desselben, was wir vollbringen etc. abhängt.― Das Bewußtsein der Individualität ist eigentlich etwas ganz secundäres oder noch geringres in Naturwesen ― im organischen Menschenwesen aber erste Bedingung.
Oktober