Montag, 12. Juli 1880

12/7 Montag Mg.― L. will „unserm Glücke nicht im Wege stehen“ ― er will hier sein Geschäft verkaufen, nach Paris gehen, wäre glücklich sie vergessen zu können? ― Erstens glaub’ ich nicht an den Ernst dieser Aussprüche, zweitens wenn schon, um was ists besser? Er sagt, die Spatzen auf dem Dach pfeifen schon von unserm Verhältnis, man vermutet mehr, als wahr ist. Ich sagte zu Fany, daß ich mir Vorwürfe, wirkliche Vorwürfe mache.

Eugen ist wieder höchst deprimirt. Ida erwiderte ihm gestern, als er sie aufs Gewissen fragte; sie liebe mich so sehr wie ihn. Es sind zwischen ihnen in den paar Tagen Briefe hin und hergegangen ― voll Zweifel, Wehmut, Glückeshoffnung.―

Im ganzen genommen stör’ ich jetzt ganz unschuldig die Ruhe Fanys, L.s, Eugens, Ida’s, ― stehe dem Glücke Fanys gewiss im Wege, denn die Liebe zu mir ist zum mindesten ― unpraktischer als eine Heirat mit dem steinreichen L. ―

Dummes, dummes Leben! Die Existenz!

Nm.― Hamerlings Aspasia les’ ich jetzt. Zeit und Stimmung voll Ruhe Schönheit Glück fließt über Haupt und Sinn der Helden. Ungekränkt von den lästigen, zudringlichen Kleinlichkeiten, in neidenswerther Freiheit durchleben sie ihre Tage, die sich um sie breiten, wie um ein badendes Mädchen weiche wellige Flut ― klar lieblich. Jeder nennt sein, was ihn freut ― und hat ganz was er liebt. Wenn ich jetzt in Erinnerung daran und in sehnsüchtigem Wunsch an mein kahles Dasein denke, das sich aus der Vogelperspective eines Gottes ansehen müßte wie ein Glatzkopf ― oh ich möchte fassen ― an mich drücken die ich liebe ― ich möchte nicht eingeschnürt sein an meiner Existenz, dass sie förmlich Hühneraugen kriegt.―

Abend. Stündlich neue.― Volksgarten. Alle möglichen. Warum kann ich mich nicht losreißen: Behaglich fühl ich mich in dem mattherzigen Kreis gewiss nicht.― Aber ―

Fännchen hält den Rabbiner doch für ein Ingrediens des Liebesglücks; was thun dagegen?

Wie man einen frischen Trunk Wasser hinunterstürzt in einem lustigen Zug, so möcht’ ich einsaugen ein ganzes volles Glück! ―

„Dem Menschen ist eine gewisse Lust angeboren, sich selber zu verschenken. Findet man erst, was dieses Geschenkes, wärs noch so klein, werth ist!“

― Verschiedene Wegwerflämpchen umzüngeln, umlecken mich ― oh du du ― der ich alles geben könnte mein überschwellend Herz.