Sonntag, 11. Juli 1880

1l/7 Sonntag Morgens.

„Liebesbriefe gleichen selten der Zeit, in welcher sie geschrieben wurden; sie greifen zumeist entweder ein Stadium zurück oder vor.―“

Wir haben jetzt heiße Tage; ich weiss selbst nicht, was ich thue; eigentlich nichts ― ich finde zu nichts mein ganzes Herz, meinen ganzen Kopf ― mit jedem Seufzer hauch ich einen Athemzug Arbeitskraft aus, in jeder Thräne fließt ein Tropfen meiner Freud’ am Leben hin. Ich zerstückle nach und nach und bin zu gar nichts gut. Wie das weiter gehn soll, weiss niemand.

Wahrhaftig; wie man von Hitze und Arbeit ermüdet in einen Lehnstuhl sinkt, so möchte man manchmal sich an den Glauben lehnen, und es will mich sehr bedünken, dass die menschliche Trägheit sich den Gott erfunden hat, wie er jetzt in der Mode ist.―

L. fuhr an mir vorüber; wir grüßten uns höflich.