30/6 Mittwoch früh.― Ich redete mir doch manchmal ein, das schlimmste sei überstanden. Aber ach!
― Wir waren gestern bei K.s; ich war toll, anfangs im allgemeinen. Aber dann. Wir tanzten.― Wir pressten Hand in Hand.― Ich möchte dich küssen, flüsterte sie mir zu ― wir flogen flüchtig Lipp’ an Wang und Wang an Lippe ― „ich muss dich noch einmal haben“ sagte sie dann „ich muss sonst sterben“. Dabei aber vermochte sie nicht sich zu einem wirklichen Entschluss aufzuraffen ― wenn sie auch hinzusetzte: „wenn ich auch davonlaufen müsste.“ L. ist noch immer außer sich über den Kuss, den sie mir in der Faustvorstellung zugeworfen.
Rudolf, Eugen, Jacques und ich gingen dann Wein trinken; der erste wurde völlig betrunken, ein Stündchen hatt’ ich auch meiner Aufregung weggetrunken; ich war lustig. Was übrigens nicht hindert, daß ich in finstrer Mitternacht auf der Straße plötzlich dem Eugen um den Hals fiel und weinte. Aber da hatt’ ich doch den Freund ― zu Hause aber die Stunde von 1-2 war eine der verzweifeltesten, die ich je verlebt.―
Mensch, betrink dich!
Abend.― Ich schrieb in der Nacht einen Brief an Fanny, worin die Thatsache constatirt wird, daß wir uns besitzen müssen, um glücklich zu sein.
Juli