Donnerstag, 11. März 1880

11/3 Donnerstag Abend. Heute liess ich Fanny dieses ganze Büchlein bis hieher lesen. Es ist ihr also ganz bekannt, daß ich „nach mehr als nach Küssen verlange“, daß ich wünsche, „sie sei mein“. Sie fand das in Anbetracht unsrer Liebe ganz natürlich und sagte: „Ich würde in mein Tagebuch dasselbe schreiben, wenn ich nicht immer daran dächte, daß du es einmal sehen wirst.

Schließlich sei noch andeutungsweise meine spontane Unausstehlichkeit erwähnt.

Nachm. war ich mit v. Ludaßy, später mit Eugen beisammen. Soll ich von nun an vorsichtiger im Aufzeichnen dieser täglichen Notizen sein, da ich sie dir, du liebes süßes Mädchen zeigen will? Oder soll ich ― einfach besser schreiben? ― Heute begann ich einen „Prinz Julius“, bei welchem Namen es übrigens nicht bleiben wird. Kronprinz Rudolf hat sich verlobt. An diese Verlobung anknüpfend sonst aber ganz phantastisch entwickelte sich mir der Stoff zum Prinzen Julius.― Es überkommt mich zuweilen eine verzweifelte, herzdurchkältende Nüchternheit und ich möchte mir mit den Fetzen meiner „sämmtlichen Werke“ um die Ohren hauen ―

Mir schwirrt heute den ganzen Tag die Idee im Kopf herum, wie schön es wäre, wenn Jesus Christus eine Quadrille arrangirte. O Fany, Fany, herzliebe Fany ― es ist klar wie das Licht deiner holden Augen, daß ich dir heute noch einmal versichern muss: Je t’aime! ―

Ich lebe jetzt colossal dumm. Planlos. Ich mache Zoologie, Botanik, Anatomie, Geschichte, Poesie, Musik, lese, spiele Schach, Billard, esse Guglhupf, Mohnkipfl, werfe lüsterne Seitenblicke auf die Politik, plaudre mit Eugen, Jacques, Ludaßy, gehe in Concerte, Vorlesungen, Bälle ― und liebe! ―