Donnerstag, 4. August 1927

4/8 Traum: H. K. bei mir (andre Wohnung als meine) ― plötzlich ist irgend wer da, oder nah, Heini,― ich wundre mich, nicht angenehm berührt,― H. K. nun ganz angekleidet, sitzt am Clavier, singt (ich höre es eigentlich nicht), begleitet sich; auch Lili ist da;― Thüren stehn offen,― Leute;― ich sehe etwa im 4. Zimmer, fern in der Thür O., im Profil ― wie sie gibt eine Gesellschaft ― ohne mich gefragt zu haben? ― vorher schon fragt ich Lili, ob Mutter heut Abend zu mir käme? Lili sagt nein,― immer mehr Leute, schattenhaft, einige deutlich,― etwa die alte Jenny Mayer (die ich neulich Bahnhof Payerbach gesehn) ― in einem Cabinet ist Garda Kaufmann ― wie, schon in Gesellschaft, obwohl ihr Mann erst kürzlich gestorben? ― sie ist grau, irgendwie bräutlich gekleidet, mit einer Art Myrthenkranz, kommt auf mich zu, streckt mir die Hand entgegen, sagt irgend etwas, ist ein wenig unheimlich ― ich durchschreite, um H. K. zu suchen, andre Zimmer, überall Leute (schattenhaft) im letzten Zimmer richten zwei Dienstmädchen unbekümmert Ehebetten her (vorher schon, in einem andern Zimmer liegt Lili, etwas indecent überquer, in einem braunen Kleid, auf einem Sofa, kugelt sich vor Lachen „du weißt nicht, warum ich lache“) ― ― ich beschließe das Haus zu verlassen, H. K. wird wohl unten auf mich warten;― eine Dame (welche) soll singen und hat Angst; vorher noch während H. K. singt, sitzt Gisa hinter ihr, mit altmodischem Hut wie auf der Photogr. in meinem Zimmer;― ich sagte zu H. K.: Sie machen Sensation, Fräulein ― in ein andres Vorzimmer; dort hängen Mäntel; einen befrackten Diener frage ich: Wo hängt mein Überzieher, ― ich bin nemlich der Hausherr;― er hat ein Tablett in der Hand und nickt verständnisvoll, in einem Seitengang des Vorzimmers stehen zwei Herren, bekannte, einer, kleiner mit einem Schnurrbart, der seitlich blau ist;― macht eine scherzhafte Bemerkung über mein Fortgehn, ich sage: ich liebe so große Gesellschaften nicht,― ich kann weggehn, auch wenn sie in meinem Hause stattfinden;― in der Thür, wie ich fortgehe, erscheinen neue Gäste, zwei Damen, eine etwa Frau Lewinsky, das Stiegenhaus ist fremd ― ja, der andre Ausgang, hinab, sehr geräumig,― ich finde das Thor nicht, bin in einer Art Postamt, ohne Menschen, irre weiter, wieder derselbe Raum, aber nun eine Art eleganter Schankraum, weiße Kellner, einer nimmt eine Flasche Champagner, steckt sie einem andern in den Mund, wie um ihn zur Besinnung zu bringen,― ich suche weiter, gerathe wieder in einen Saal, wo Gesellschaft;― vorher aber liege ich im Bett, weiss dass ich träume u. zw. im Fieber, es gelingt mir nicht aufzuwachen;― in dem neuen Raum ist eine Art Ausgang, ein Fenster, nein ein Balkon ― gegenüber eine riesige byzantinische Kuppel,― zu meiner Rettung nehm ich eine Champagnerflasche, will sie hinabschleudern, um Lärm zu erzeugen,― sie fällt in irgend einen gepolsterten Raum, all das ist künstlich ― zwei oder drei ältliche junge Damen in Ballkleid stehen nun im Fenster; ich sage ihnen: Sie existiren nicht, ich träume Sie nur ― ; sie machen so sonderbare Gesichter, so dass ich zu zweifeln beginne, dann sage ich ihnen: Sie spielen ausgezeichnet, aber Sie existiren doch nicht; ich schreie es geradezu, um meine eignen Zweifel zu besiegen und wache endlich von meinen Schreien auf. (Die Flucht des Helden in Melvilles Taipi spielte in den Traum hinein.)

Vm. Miss Willoughby (London), mit Empfehlung von Bn. Franckenstein (einst „Bubi“ genannt) Gesandter in England (Felician Wergenthin) ― wegen Aufführung eines meiner Stücke im Rahmen der Intern. Theatre Society.―

Dictirt aphoristisches, Briefe.―

Gegen Abend (nach Gewitter) zu C. P., ihr Mscrpt. meines Romans gebracht, Kino (die leichte Isabell), mit ihr im silb. Brunnen genachtm.

1927-08-04