Mittwoch, 18. August 1926

18/8 Zermatt. Traum von F. S.;― wir begegnen uns irgend wo (auf Reisen); es werden leichte und nicht absolut aufrichtige Worte über unser mäßiges Verhältnis gewechselt;― es ist Zollvisitation, der Koffer von S.;― Vorhänge auseinander;― es werden Thierfigurinen, fast lebensgross, z. B. (schwarzes) Schaf mit Wolle,― auch andre ― was?;― herausgenommen; Schmuggel,― wie hier üblich, es wird auch kein Aufhebens gemacht.―

Im Ort. In einem Laden, wegen oesterr. Ztg.;― der Verkäufer erklärt, eigentlich löse er den Laden jetzt auf nach dem Tode seiner Frau (wie auch 25 andre in verschiedenen Curorten etc.);― er sei eigentlich Schriftsteller;― er sieht recht wie ein „Subject“ aus; herabgekommen und wienerisch-verschwindelt.― Name?― „Hembo“ ― ich erinnere mich gleich, dass ein Herr dieses Namens vor etwa 34 Jahren in einem Blättchen eine Anatolscene nachgedruckt ― sage es ihm;― er überreicht mir auf einem Blatt seine Selbstbiografie (Correspondent etc.);― sowie einen Plan von ― Zermatt ― nimmt ihn nicht bezahlt;― das Gespräch mit mir sei ihm so viel werth;― ich sage, da müssen Sie mir mindestens noch 30 cent. herausgeben ―

Mit C. P. spazieren gegen Findelen. Anschließend an den Traum von F. S.;― über das Verhalten der „Freunde“ insbesondre gegenüber „Gang“. ― Ich muss gestehen, dass mir dieses Erlebnis näher geht und länger nachgeht als andre dieser Art ― wegen des völlig symptomatischen ― (fast symbolischen). Warum dieser (selbst bei geringern Qualitäten des Stückes) fast obstinate Widerstand ― von Gleichgiltigkeit bis zu Büberei?― (Andre Beispiele, nicht nur aus dem „Freundeskreis“ ―) ― Dieses nicht sehen wollen ;― dieser nur auf das erotische Problem gebannte Blick,― dieses geflissentliche Nichtahnen von der politischen Hälfte;― dieses Nichtmerken der Kanzlergestalt;― das Überhören der Verse, von denen manche doch wirklich schön, und dramatisch schön sind. Von F. S. Seite ist es (wie ich mehr spüre als weiss) ― ein systematisches Wühlen … Nein,― dieser entschloss sich nie mich „grenzenlos zu lieben“ (wie er sich wahrscheinlich öfters einbildete);― was zu verdrängen ihm manchmal äußeres, wohl auch inneres Gebot war; nun ― (da nicht mehr viel Zeit ist, die Rechnung ins Reine zu bringen) bricht es machtvoll hervor ― jede Gelegenheit benutzend.

― Wir saßen da und dort in der Sonne, und ich bilanzirte für mich allein fort.― Dass ich mit C. P. reise; angenehm ― auch darum, weil ich kaum seelisch jetzt völligem Alleinsein gewachsen wäre.― Fortsetzung noch unklar;― von V. L. keine Nachricht.― Dass ich wegen den Haus-Reparaturen etc. erst Mitte September zurückkann, jedenfalls aergerlich.― Meine Ausgaben ins maßlose.―

O. und Lili im Corno d’Oro, Lido.― Mein Nachgeschmack natürlich doch nicht ganz gut. In der Ferne wird die Einsichtslosigkeit doch wieder allzu evident. Immer noch, besonders in der Ferne,― fühl ich, wie sie immer noch darauf beharrt ― ihr sei von mir ein Unrecht widerfahren;― ich hätte entweder gleich 1921 ― da G. sie enttäuschte ― die Scheidung annulliren ― oder doch Lili ihr überlassen sollen (wie, bleibt unklar ― und wie unverantwortlich es gewesen wäre,― zeigt der bisherige Verlauf von O.s äußerer Existenz). ― Dabei ihre kaum verhehlte Empfindung, daß ich ihr ein Unrecht zufüge, durch meine Beziehung zu C. P.;― und immer wieder der Versuch (innerlich) ― mir die Schuld an den negativen Seiten in Lilis Wesen zu geben.― „Wie lange werden wir uns noch unglücklich lieben“ ― fragte sie diesmal wieder. Die jetzige Form ― ist immer noch die „glücklichste“, die zwischen uns denkbar.―

Von Lili hab ich diesmal ein fremderes Bild mitgenommen als je;― es ist wohl nur ein durch verschiedene Umstände begründetes vorübergehendes Gefühl ― aber es bedrückt mich.―

Nm. am Roman.―

Spaziergang.