Dienstag, 16. Dezember 1924

16/12 Träume: Bin in einer Art Ballsaal;― gegen Schluss des Balles ― was vorher war, unklar ― in einem Fenster (etwa wie zur Eschenbachg. hinab ― frühere Burgringwohnung ― wie immer öfter in der letzten Zeit ―) ― Alma ―; wir hatten uns den ganzen Abend ― absichtlich nicht umeinander gekümmert;― ich muss doch jetzt hin, sie kühl ― reservirt, wie ich aber ihre Hand, ihren Arm zärtlich küsse, wird auch sie fast zärtlich, streichelt meine Lider, was aber hypnotisirend auf mich wirkt ― ich bin etwas verstimmt darüber,― lasse es nochmals versuchen ― ― und öffne nur mit allergrößter Mühe die Augen ― nun aber wirklich;― es ist mir zugleich als stünde wer an meinem Bett und warte mein Erwachen ab ―; die Schlafzimmerlampe brennt noch;― ich war während des Lesens eingeschlafen. Träume weiter: fahre nach Pötzleinsdorf ― Sommer ― die Straße Gersthof abgesperrt (Polizei),― etwa wie Frohnleichnam ― eine Weile wart ich;― dann denk ich: zu Fuss gehn;― ich habe dem Chauffeur 23 000 Kr. zu geben ― finde die tausend Kr. nicht ― der Ch. sagt: bei der früheren, der Streckentaxe hätten Sie das doppelte zahlen müssen ― ich sage: nein, wir sind ja noch nicht in Pötzleinsdorf, erst in Gersthof, gebe ihm aber nobel 3 zehntausender.― Gehe statt oben ― eine Art Serpentinenweg führt hinauf,― unten ―; Straße verengt sich ― eine Art Riesentourniquet,― von der Mittelstange ein Strick herunter, an den ich mich hänge ― ich war eben auf einem Rad gesessen ― um im Kreise herumzuschwingen; es macht mir Vergnügen, und der kleine Hund, der, an einer Stahlkette, mich fangen will, kann mir nichts thun;― nun ― als wäre dies der Eingang gewesen ― bin ich in einer kleinen Villa ― das (kaum sichtbare) Stubenmädchen, meinen Irrtum nicht verübelnd führt mich durch einige Zimmer,― ich fliege übrigens (wie jetzt so oft im Traum),― jetzt ist wohl die Hausfrau da;― in einer Art Vorkammer, ein Schrank ― ich fliege in gleicher Höhe, es ist mir (physisch) nicht leicht herunterzusteigen ― ich nehme aus dem Schrank einen Kleiderhaken, was eine Art Höflichkeit ist und lege ihn hin ― ich mache die Bemerkung: der kleine Hund (draußen) wird Sie kaum vor Einbrechern schützen ― da gruppiren sich auch eine Anzahl andrer Leute, gross und liebenswürdig, wie neugierig um mich. Von der Hausthür über einige Stufen, zu beiden Seiten umbuscht zur Gartenthür ― hinter dem Gehecke links die drei Kinder (erwachsen) des Hauses, quasi neugierig, zwei junge Herren? ein Mädchen? ― fragen mich, wie ich schon draußen nach irgend was; ich erwidre etwas unhöflich ― „sie sind alle getödtet“ (was aber irgendwie ein übel aufgelegter Scherz ist, die Kinder fassen auch die richtige, mir unbekannte Bedeutung).― Ich spaziere weiter, gerathe wieder unversehens in ein Haus, einen Vorraum ― jemand fasst mich um die Schulter sehr bekannt an ― es ist Hansi Landesberger (jetzt Nemetschke, Gertys Mutter) ― Reflector auf der Stirn, ich weiss, sie leitet die laryngol. Klinik ― ich bin angenehm erstaunt hierhergerathen zu sein ― „lauter Abenteuer“ sage ich (die Traumnovelle! ―) ―, als wären schon viele vorhergegangen. Der Ambulatoriumsaal geräumig und leer (vielleicht an ein Londoner Spital erinnernd) ― ich fühle mich heimatlich, und sage es auch;― liege nun mit Hansi (die in schwarzem Schwimmanzug) auf breitem Divan,― ohne erotische Bedeutung,― da fällt mein Blick durch zwei offne Thüren (Zimmer dazwischen) in einen Raum, wo sich die jungen Damen an- und auskleiden ―; es ist nemlich eine Turnschule, und Hansi Chef;― vorher noch spricht Hansi von Frl. Else und sagt „das (vergiftet sein?) stell ich mir nicht angenehm vor“;― dann merkt sie, dass ein großes Mädel nackt drin steht ― ich erkläre das mache mir gar nichts, wende mich demonstrativ weg;― sehe aber dann gleich wieder eine andre sehr schöne nackt (ziemlich entfernt von mir) ― Hansi ruft ärgerlich hinein ― „Carmen“ ― aber man kümmert sich, vielleicht absichtlich, nicht drum ― ich sage (schon früher) zu Hansi: „So eine amüsante laryngologische Klinik hab ich noch nie gesehn“ und lache herzlich ― und dann: Sie gönnen mir aber auch gar nichts. Sie darauf: Ich bin zu alt zum gönnen ― ich darauf. Zum gönnen kann man gar nicht alt genug sein ― und lache laut. Ein Herr macht sich mit Hansi irgendwie zu schaffen (wir liegen immer noch auf dem Divan) ― wundre mich, dass er nicht eifersüchtiger ― es ist nemlich ihr Gatte Nemetschke (er heißt wirklich so) ältlich, grauer Schnauzbart, zeigt sich ziemlich brünstig ― ― dann, mit den Armen an ihr, drückt er seinen Zustand mit den Worten aus. Manometer hundert. Ich denke „goische Geschmacklosigkeit“; Hansi äußert ungefähr, ihr wäre eine geringre Manometernummer lieber;― ich sage (oder denke mir) daß mich N. an die Scene in der Revue erinnert, wo Karlweis die „Sinnlichkeit“ Treumanns copirte; erwache laut lachend.―

Besorgungen in der Stadt.

Richard auf dem Heimweg (der Else noch immer nicht gelesen ― und mir erzählt, wie allgemein das Lob, ja die Begeisterung, so dass man (wie auch ich) das Gefühl habe:― schlechtes Gewissen, wegen früherer (und künftiger) Ungerechtigkeiten).

Nm. an Doppel(Traum-)novelle.―

C. P. bei mir.

1924-12-16