Dienstag, 18. November 1924

18/11 Traum: Ich begebe mich mit Fr. Wohlgemuth (wie selbstverständlich) auf einen Ball,― irgend ein sehr großes Privathaus,― etwa unsre Burgringwohnung, wir kommen spät, an Buffets (die fast leer sind) vorbei;― endlich nehmen wir an einem Tisch Platz (nachdem ich grundlos gegen eine abschließende Thür gestoßen). (Deutung: das neulich dictirte Aphorisma von der angelehnten Thür.) ― Ich will nachsehen, ob ich Geld genug, weiss es übrigens so;― wir sitzen nur in einer Ecke ― auf einem Sopha, am gleichen Tisch uns gegenüber Gfn. Wydenbruck mit Baron Rothschild (er ist seit Jahren todt, war ihr Liebhaber); er sieht etwa einem russ. Großfürsten ähnlich; hat eine schwarze Binde über einem Aug ― oder sie?― (Deutung: die Fürstin im „Verführer“―, ― Wohlgemuth spielt darin die Aurelie; außerdem ist aber auch eine Analogie zwischen dieser Aurelie und der Nonne in der Doppelnov. zu verspüren ― ich weiss im Traum nichts von meinem Stück, nichts von meiner Novelle.―) ― Wohlgemuth hat einen Champagner Marke „Mortel“ gewünscht (darum hatt ich nachgesehn, ob ich genug Geld habe) (Deutung: Mortel ― „sterblich“,― ev. Erinnerung an die „Überfahrt“,― das Todtenschiff;― Selbstmord Aureliens,― auch von einem Schiff aus;― Cognacmarke Ma rtell!―) ― wir sitzen nun an einem andern Tisch (die beiden Paare kümmern sich nicht um einander, ich sehr absichtlich ―),― der quasi entzweigeschnitten ist, so dass ich mit W. an einer Art gedecktem Bügelbrett sitze,― der Schaum des Champagners ist lau,― W. vermutet, es ist nur Asti spumante (Artikel in der N. R., über deutsche die in Italien Champagner trinken,― „es war wohl nur Asti spumante!“) ― der Traum ist irgendwie unterbrochen;― ich sage mir, es muss doch wahr sein ― sonst könnt ich nicht dort durch den Thürspalt den Sacher-Koch in weißer Küchendress sehn,― ich bin also wirklich bei Sacher;― und ich nehme auch ganz deutlich die verschiedenen Physiognomieen der rothen (etwas operettenhaften) Gardisten aus, die im Saal (es ist eine Art Burgsaal) quadrillenhaft sich bewegen;― ich bin nun wach, aber wie gelähmt ― ― nun träum ich gleich weiter, nach lautem Aufschrei ― die W. tritt mir entgegen ― ich umfasse sie ganz verzweifelt ― „Das kann doch nicht nur ein Traum sein!“ Sie zärtlich mit ihrer wohllautend dunkeln Stimme: Warum soll ich denn ein Traum sein?― Ich: Wenn es also kein Traum war, so rufe mich morgen an, oder komme zu mir. Sie umschlingt mich zärtlich;― sie steht nun irgend wie in einer Ecke, und drüben ist etwa die Schreyvogelgasse (Novelle!);― ich aber liege auf einem Divan, am Fußende ein kleines dickes Kind, Kind der W.;― oder meins? ― es redet aber wie erwachsen und theilt mit (der W.?), dass die Bonne (Therese!) sie ― es ist gedacht, aus Pflegegründen, aber doch nicht in der Ordnung ― an einer gewissen Stelle berührt oder gepudert habe (das Pudern Lilis, „Du bist ja noch ein Kind“) auch ich liege im Hemd da, etwa unanständig entblößt, was kaum erotische Bedeutung hat;― erwachend zweifl ich ungewöhnlich lang, ob es nicht doch Wahrheit gewesen sein könnte, und schreie ― oder spreche laut.

― Die besondre Lebhaftigkeit des Traums könnte auch durch meine Absicht Freud zu besuchen bedingt sein (sowie ich ungewöhnlich viel träumte, als ich 1900 seine Traumdeutung las). ― Er sandte mir neulich ein paar Aufsätze „mit geziemender Schüchternheit“.―

Vm. Besorgungen.―

Bei Dr. Peter.―

Bei Gustav. Sein Bruder Emil bettlägerig; sein schrullenhaft hysterisch-hypochondrisches Wesen ins senil groteske gesteigert. Ungeduld des milden Max.― Frau Chiavacci Schönherr; über das Stück ihres Manns und die Kritiken.

Nm. an „Therese“ gefeilt.―

Mit C. P. in „Mama Nicole“ (Akademietheater). Sect.chef Byk mir vorgestellt.― Mit C. P. im Gasthaus vis à vis.―