Sonntag, 5. Oktober 1924

5/10 S. O. hat eine Art Zornanfall, weil, angeblich ohne ihre Zustimmung, bei Gelegenheit von Lilis Übersiedlung in O.s Zimmer, Briefschaften von ihr aus ihrem Schreibtisch in eine Kiste gepackt worden waren;― überdies war das Liebelei Mscrpt. etc. abgängig, sie machte Wucki unberechtigte Vorwürfe; dann beklagte sie sich, man hätte ihre Bücher weggenommen (sie hatte sich in meinem Beisein sorgfältig alles ausgewählt ― was sie nach B.-B. mithaben wollte ―), man habe sie überhaupt „als todt behandelt“. ― Ich ging erbittert.―

Traf C. P. in Pötzleinsdorf; das war auch nicht schön. Im Grund warf sie mir nur vor, dass ich sie nicht liebe, und es war schwer zu erwidern. Schweigend spazierten wir im Dornbacher Park, sie weinte und ich war ungeduldig.―

Zu Tisch Gerty. O. hatte indes offenbar „ihr Unrecht eingesehn“;― erzählte mir von G.s Krankheit. Nach Tisch las sie mir einen meiner Briefe an sie aus der „Sie Zeit“ noch vor … und war dann zärtlich,― war über meine „Verschlossenheit“ verstimmt ― ich erklärte, dass sie meine Elastizität überschätzte. Sie kramte in ihren alten Briefen,― gab mir dann ein Tagebuch von 1910 zu lesen ― Lilis erste Monate,― der Hauskauf;― es ergriff mich sehr. Aber was ruinirt ist,― bleibt ruinirt.

Abends mit Lili Musik V. S.― Deutsches Requiem von Brahms.