Freitag, 26. September 1924

26/9 Lili äußert Mißfallen über Frl. S.― Auch O. weiss alles mögliche gegen sie einzuwenden. „Ist es der Mühe werth, um ihretwillen der Wucki das Herz zu brechen ―“ Ich wies hin, dass es sich ja vor allem darum gehandelt, Wucki zu ersetzen, dass man nun (nachdem man schon ihr „Herz“ gebrochen) nicht wieder ein paar Monate hinausschieben dürfe. (Wirklicher Grund O.s ― dass sie selbst noch ein paar Monate hier bleiben möchte. Hätte sie Gründe jetzt rasch abreisen zu wollen ― so wäre in Frl. S. das Ideal gefunden.)

Dr. Horch bei mir; wegen Kom. d. Worte; Besetzung.

― Secession, mit C. P. Hauptsächlich moderneres;― wie gewöhnlich viel häßliches und talentloses. Ein Herr, Mitglied der Ges. für mod. Kunst war der Cicerone (Name vergessen, von früher her bekannt).

Dann mit C. P. Schwarzenberggarten;― anfangs leidlich ― endlich klagte sie wieder über meine „Rücksichtslosigkeiten“ (die zum Theil nur von ihrer verletzten Eitelkeit so empfunden werden); sie weinte, langweilte mich ― wortlose Heimfahrt. Nein, das auch noch ― ?! Nein.―

Zu Tisch Frl. Soltau bei uns.―

Nm. in Unruhe verbracht;― weniger in Nachwirkung C. P.;― als die Atmosphäre O.s im Haus.― Nahm später die Traumnov. vor;― im Garten;― O. sass auf der Veranda (las Manfr. Ellis);― Mitleid und Zärtlichkeit in mir;― im vorbeigehn küss ich sie auf die Stirn. ― Sie fragt: Warum bist du so räthselvoll?― Lili kommt mit Frl. S. vom Spaziergang;― wir gehn alle vier ins Kino (Jedermanns Frau) ―; n. d. N. schwerfälliges Gespräch. Frl. S. will etwa Mitte October eintreten. Wucki hat sie noch nicht sehen wollen.― Lili vorläufig gegen Frl. S. eingenommen;― das spröde, norddeutsche ihres Wesens stößt sie ab;― auch sie, wie neulich O.: „soll man darum Wucki entlassen?“ … Ich erkläre ihr, dass ja diese Entlassung Wucki’s das primäre;― neuerlicher Aufschub wäre unsinnig;― etwas besseres als Frl. S. vorläufig nicht so leicht zu finden.― O., die dazu kommt; redet auch in meinem Sinn; aber in ihr ist wie unwiderleglich zu spüren;― Erbitterung, dass nicht das geschieht,― was sie im Innersten will: selbst hier bleiben; wenigstens auf Monate. Lili ― Thränen;― (die O. gewiss innerlich auch mir übel nimmt);― man scheidet in düstrer unausgesprochen feindseliger Stimmung.― Im Lauf des Tags las ich einen albernen Roman von Georg Hirschfeld: „Das Blut der Messalina“.

1924-09-26