Mittwoch, 2. Juli 1924

2/7 B.-B. Vm. „altes Schloss“.― Die Wälder vom vorigen Jahr.―

Oben zu Tisch. Dr. Neumann, Röntgenolog; sympathisch.

O. über den Verf.; den sie so ziemlich ablehnt, aus einem nicht nur persönlichen Gefühl heraus. Aber dass das Stück die Narben von ihr trägt (zum großen Theil) fühlt sie kaum.―

Über Lili;― ich gebe O. Ratschläge, wie auf Lili einzuwirken etc. O… „Sie thut ja doch was sie will“ ― „Was kann ich in diesen paar Wochen leisten“.― Kurz: passive Resistenz;― ich mahne sie in heftigen Worten.―

O. „Sage deinen Freundinnen, sie sollen mir nicht falsche Dinge schreiben …“ (Bezieht sich auf Alma’s Brief: „Keine Frau in seinem Leben.“) „Ich will keine halben Sachen.“ Ich mache sie auf die Ungeheuerlichkeit und Ungerechtigkeit ihres Verhaltens aufmerksam: mir, nach 5 Jahren der Trennung etc. die Führung meiner Existenz übelzunehmen ― sie habe, sagte sie schon neulich, in den letzten Jahren „nur in Hinsicht auf mich“ (also auf ein eventuelles Wiederzusammenkommen) gelebt … (So stellt es sich ihr jetzt dar;― wäre es zufällig anders gewesen und fiele es mir ein, ihr das übel zu nehmen, so würde sie es als conventionell und kleinlich empfinden.―) Immer dasselbe: ihre Überheblichkeit mit der sie sich selbst alles erlaubt hält, oder zum mindesten für alles Rechtfertigung findet, ja in allem, gutem wie schlimmem Emanation ihrer Persönlichkeit, oder Walten ihres Schicksals erkennt;― während alle andren, vor allem natürlich ich „Schuldige“ sind.―

― Und ich, der sie so gut kennt ― immer wieder, unter Thränen und Wutausbrüchen mich in den Versuchen aufreibend, sie zur Einsicht zu bringen ― als läge daran die Möglichkeit einer innerlich beruhigten Weiterexistenz.

Der Abend in schwerer Stimmung; sie ist starr und trotzig, wie sie während des Nachtm. einmal abberufen wird, und Lili allein mit mir bleibt, weint diese mit (was mir natürlich wohlthut).― Vor dem Abschied: „Was wünschest du eigentlich …“ („der du jetzt in einer glücklichen Beziehung lebst …“ etc.) … Ich: Nichts als daß du mich endlich verstehst ― und dass ich in den letzten 3 Jahren (seit unsrer Scheidung) in jedem Augenblick nichts gethan, was gegen dich ein Unrecht gewesen wäre … ja vielmehr etc.―

― Wir fahren zur Bahn (Regen), mit Lili ― zärtlich Hand in Hand.― Es ist und bleibt wahr, daß (über allem, neben allem etc.) ― der einzige wirkliche Zusammenhang dieser bleibt und dass ich alles eher ertrage als ihre Verbitterungen (als so ungerecht ich sie auch erkenne).― Und doch ― athme ich nicht immer wieder auf,― wenn ich allein bin?―

Abreise. Lili und O. vor dem Coupé.―