Donnerstag, 6. März 1924

6/3 Vm. dictirt (Rechnungen, Briefe, etc.).

Helene kam: Lili hatte eine Einladung zu den Töchtern des Sect. Chefs Schüller bekommen ― ; hatte sich, da sie die Einladung weggeworfen, telef. nach der Stunde erkundigt, auch im Namen Lottes;― die Tochter Susi hatte telef. die Stunde angegeben;― sagte dann aber ihrer Mutter, sie habe an Lili überhaupt keine Einladung geschickt. Die Mutter, Freundin Helenens, wendet sich an sie,― diese an mich.― Lili wird mit Helene confrontirt.― Daß sie, aus Sehnsucht dort eingeladen zu werden, sich quasi dort aufgedrängt ― erscheint a priori unsinnig; wäre ihr an der Einladung gelegen; hätte sie ohneweiters durch Lotte eine erhalten. Bleibt also: Mystification,― nach Lilis Vermuthung,― durch irgend ein Mädel, das Lili Ungelegenheiten machen wollte.― Die Mutter der Susi Sch. erklärt, ihre Tochter habe gar keine Visitkarten, Susi erklärt aber, sie habe welche, auf welchen eben „Susi“ stehe (nicht Susanne (oder umgekehrt)).― Seltsam, dass Lili die Einladung weggeworfen (ebenso wie Lotte ― doch kann kein Zweifel sein, daß Lotte sicher eine erhalten).― Sämmtliche Vorfälle der letzten Zeit, die Zopfgeschichte, das bestellte Kleid, die Manicurecassette (die sie ohne mein Wissen gekauft), und diese Einladungsaffaire tragen die gleichen Merkmale: ― Wunscherfüllung;― kindische Art (wenn man annimmt dass Lili in allen Fällen schuldig;― in zweien (den mittlern) mußte sies zugestehn, und that es ohne weiteres), diese Erfüllung herbeizuführen, in ganz unerklärlichem Verhältnis zu ihrer sonstigen Intelligenz;― und alles durchaus überflüssig, da die Wünsche ohne Schwierigkeit auf normale Weise zu erfüllen gewesen wären. Das ganze wäre ― wenn nicht wirklich ein malheureuses Zusammentreffen von Verdachtsgründen vorliegt,― fast als ganz leichte rudimentäre Hebephrenie, mit ihren Entwicklungsjahren zusammenhängend, aufzufassen;― auf dem Boden ihrer Vergnügungsucht und Eitelkeit entstanden.―

Nm. weiter an „Bezahlt“.―

Abends bei Heller; Géraldy las Gedichte. Nachher Souper bei Frau Heller; Géraldy und Frau, Gerty, später auch Hugo;― Prinz Prinzessin Hohenlohe (Kultur- und Intelligenzsnobs);― Wassermann; Auernheimer’s.―

1924-03-06