Samstag, 12. Mai 1923

12/5 Kopenhagen. Traum, sehr deutlich von meinem Vater. H. K. sich frühmorgens aus meinem Zimmer durch andre (es ist etwa Burgringwohnung) vorsichtig ins Speisezimmer stehlend um von hier zu verschwinden;― ich weiß dass der Vater sehr unzufrieden damit ― ohne es zu sehen (auch die Mutter?) ―

Vm. ein Herr v. Clasen (etwas wichtigthuerisch, liebenswürdig, sehr jung, eigentlich Ingenieur, vielgereist) wegen ev. Reigenaufführung. Begleitet mich Kastelsvej;― zu Hammerichs, er schon fort; Frau H.; das 1½jährige Kind. Ich spaziere mit Frau H., kluge lebhafte Frau, Garten und Stadt; kühl, windig; speise (in Gesellschaft von Frau H.) im Hotel.―

Der Friseur, der mich fragt, ob viel von mir ins daen. übersetzt sei; der Portier ― und der Liftjüngling, die (in Reigen und Anatol) meine Unterschrift haben wollen.―

Nm. Axel Fränkel;― fahren zu Georg Brandes, der (mit einer unbedenklichen Kniesache, nach kleiner Operation) im Sanat. Meisen, Alleegade liegt. Frau Rung (Übersetzerin von Beatr.) dort. Georg Br. äußerst lebhaft; aber etwas bissiger geworden. Seine Krankheit überfiel ihn, als er eben (nach zwei Stunden) nach Spanien reisen wollte. Er schilt mich naiv, daß mir Daenemark und die Dänen gefallen; spricht übel von den Journalisten; erzählt mir wie sie sich durch Lügen gerächt, als Jaurès ihnen ein Interview verweigert. Fragt nach Richard, erkundigt sich nach den Ursachen meiner „Spinnefeindschaft“ mit Paul Goldmann.― Ein Herr Albert Schmidt (?) Schauspieler (der von Br. Auskunft über das Verhältnis Byrons zu seiner Stiefschwester erbeten hatte).―

Um 8 holen mich Hammerichs aus dem Hotel ab; in den Vortragsaal. Überfüllt; die Leute stehen bis in den Vorraum, auf der Wendeltreppe zur Gallerie.― Begrüßungworte von Hammerich, ich lese: Dreifache Warnung; letzte Masken (stimmlich nicht frei);― nach der Pause, die ich im Gespräch mit Frau H. u. a. im Saal verbringe, Weg ins freie (das Judengespräch 3. Cap.) ― und großen Wurstl (gut).― H. spricht Dankesworte und sagt allerlei freundliches über mich. Sehr stürmischer Beifall.― Souper (Butterbrode) im Nebensaal; etwa 200 Menschen; zwanglos; zwischen Frau Hammerich und Frau Generalconsul Glad.― Spreche Sophus Michaelis;― Behrens, Viggo Petersen (Übersetzer von mir;― die beide einige Worte auf mich sprachen), [Ihle], Normann, Dir. Moritz; allerlei Menschen wurden mir vorgestellt. H. bringt mich um 12 nach Haus; Frau H. ging noch mit andern tanzen.―

Brief Nordberger (Stockholm), wegen Vortrags 16. oder 17.;― nachdem die Verhandlungen ― durch Ika, im Winter resultatlos geblieben ― ― die große Reise wegen des einen Vortrags lohnt sich wohl nicht.